„Wir leben in Wuppertal und wir sterben in Wuppertal“
Samir Bouaissa, Sprecher der Moscheen, spricht über den geplanten muslmischen Friedhof
Wuppertal. Durch eine Gesetzesänderung können die Wuppertaler Moscheen einen eigenen Friedhof betreiben (siehe Kasten). Samir Bouaissa, Sprecher der Interessengemeinschaft Wuppertaler Moscheen, zeichnet im Interview die weitere Planung auf, erklärt muslimische Beerdigungsriten und beschreibt, warum der Friedhof ein Schritt zur Integration ist.
Herr Bouaissa, das Bestattungsgesetz wurde geändert, jetzt steht dem muslimischen Friedhof nichts mehr im Wege. Wie geht es nun weiter?
Samir Bouaissa: Wir haben sehnsüchtig auf die Gesetzesänderung gewartet und freuen uns, dass es jetzt soweit ist. Bald kommen die Verkaufsverhandlungen mit der evangelischen Kirche zum Ende. Es sind nur noch kleine Details zu klären. Wenn der Vertrag unterzeichnet ist, werden wir den Trägerverein als Eigentümer des Friedhofes gründen. Darüber hinaus werden wir das Gespräch mit den Anwohnern suchen. Wir wollen uns mit ihnen austauschen und klären, wie wir gemeinsam den Friedhof gestalten können.
Drei Religionen, die ihre Verstorbenen in direketer Nachbarschaft beerdigen. Wie finden Sie es, dass Moslems neben Christen und Juden begraben werden?
Bouaissa: Wir sind mit dieser einmaligen Gelegenheit sehr zufrieden. Bereits im Leben sitzen die Religionen in Wuppertal an einem Tisch, arbeiten Hand in Hand. Wir heben unsere Gemeinsamkeiten hervor, ohne trennende Elemente zu vergessen.
Wie gestalteten sich die Vertragsverhandlungen?
Bouaissa: Das waren sehr gute Verhandlungen, die Interessengemeinschaft und die evangelische Gemeinde arbeiten Hand in Hand. Besonderen Dank gilt der Superintendentin Ilka Federschmidt. Die uns bei den Verhandlungen unterstützt hat und einen Teil der Summe des Kaufpreises an die Kirchengemeinde übernimmt. Zum Kaufpreis für das rund 20 000 Quadratmeter große Gelände, davon etwa 6 000 bleiben Waldfläche) kommen noch die Kosten für Einfriedung, Errichtung von Wegen und einiges mehr. Die Gelder werden wir durch Spenden sammeln.
Wie kann man sich einen muslimischen Friedhof vorstellen?
Bouaissa: Unsere Friedhöfe sind sehr unterschiedlich, genauso wie unsere Moscheen, es gibt türkische, marokkanische, bosnische Gotteshäuser. Deshalb mussten wir uns in vielen Gesprächen einigen. Aktuell planen wir einen sehr schlichten Friedhof, die Gräber sollen durch schlichte Steine oder Steelen gekennzeichnet sein.
Wie werden verstorbene Muslime beerdigt?
Bouaissa: Nach dem Tod wird der Verstorbene oder die Verstorbene rituell gewaschen. In einem Sarg bringen wir den Menschen zur Moschee, wo das Totengebet stattfindet. Das ist ein gemeinschaftlicher Ritus, an dem die gesamte Gemeinde für den Verstorbenen und um Vergebung bittet. Das ist auch die Möglichkeit für die Angehörige, eventuelle Schulden zu begleichen, die der Verstorbene hatte. Auch können sie jetzt Schulden eintreiben. Das ist sehr wichtig, damit der Muslim ohne weltliche Verpflichtungen ins Paradies kommt. Danach bringen wir den Leichnam zum Friedhof, wo dieser in einem Leichentuch, nur von einem dünnen Holzbrett bedeckt begraben wird. Wichtig ist, dass der Leichnam Richtung Mekka blickt. In Wuppertal liegt Mekka südöstlich, grob in Richtung Ronsdorf.
Warum werden viele Muslime in ihrer Heimat begraben? Ist das die Rückkehr in die Heimat?
Bouaissa: Das spielt eine Rolle, obwohl Wuppertal für immer mehr Heimat ist. Viel wichtiger ist das Ewigkeitsrecht, das es in jeder Religion gibt, aber im Christentum nicht mehr so streng umgesetzt wird. In Deutschland können Gräber nach einer bestimmten Zeit neu belegt werden. Das wird auf unserem Friedhof nicht passieren. Deshalb ist dieser Friedhof auch ein weiterer Schritt zur weiteren Integration. Wir leben in Wuppertal, wir werden in Wuppertal begraben, in der Nähe unserer Familie.