Verkehrswende „Wir müssen den Autoverkehr zurückdrehen“
In der Reihe Transformationstandem ging es um die Förderung des Radverkehrs und von Pedelecs in Wuppertal.
Bis zur Fahrradstadt Wuppertal ist der Weg noch weit. Dabei arbeiten Experten aus Wissenschaft und Praxis längst an radfreundlichen Konzepten. Zwei von ihnen hatte Professor Oscar Reutter, Veranstalter der Reihe „Zukunftsfähige Mobilität“, in die Citykirche eingeladen. Frederic Rudolph vom Wuppertal Institut referierte über Pedelecs. Über Maßnahmen für mehr Radverkehr berichtete Norina Peinelt vom städtischen Ressort Straßen und Verkehr.
Pedelecs sind Elektrofahrräder mit einer Geschwindigkeit bis zu 25 km pro Stunde – und zurzeit im Kommen. Rudolph sprach von fast einer Million verkauften Pedelecs im Jahr 2018 und einer Gesamtzahl von rund 4,7 Millionen in Deutschland. Ins Bild passten auch die 40 Zuhörer. Auf Nachfrage gab fast die Hälfte an, Pedelec-Besitzer zu sein. Auch wenn E-Bikes teurer und schwerer als herkömmliche Räder sind – der Referent machte sie als klimafreundliche Alternative zu Benzin- und Dieselfahrzeugen stark.
Je höher das Alter,
desto größer die Motivation
In seiner Doktorarbeit hat Rudolph untersucht, welche Personen sich am ehesten ein Pedelec anschaffen. Ergebnis: Je höher das Alter, desto größer ist die Motivation. Die wichtigsten Zielgruppen sind Berufstätige und Rentner. Unter den Verkehrsteilnehmern hob er die Gruppe der autonomen Autofans hervor. „Das sind Menschen, die großen Spaß am Fahren haben.“ Sie seien „Pedelec-affin“ und bereit, auch auf langen Strecken das E-Rad zu nutzen.
Wie lässt sich der Umstieg vom Auto aufs Pedelec fördern? Für Wuppertal entwarf Rudolph ein Szenario bis 2050. Zu den möglichen Maßnahmen gehörte unter anderem ein flächendeckendes Tempo 30. Dadurch ließen sich Schadstoffemissionen im besten Fall bis zu elf Prozent senken. Zum Schluss kam er auf Städte mit hohem Schadstoffaufkommen. Dort werde der Kauf von Lasten-Pedelecs finanziell unterstützt.
In Wuppertal war Rainer Widmann der erste Beauftragte für nicht-motorisierten Verkehr. Für seine Nachfolgerin Norina Peinelt setzt sich die Förderung des Radverkehrs aus vielen „Puzzleteilen“ zusammen. Wichtigstes Element ist der Ausbau der Infrastruktur. Beidseitige Radstreifen sollen die Regel werden. Hilfreich sei die Freigabe von Busspuren für Radfahrer. „Das ist eine Einzelfallprüfung. Wir treffen uns vor Ort bei jeder Busspur.“ Ebenso könnte durch die Freigabe von Einbahnstraßen das Radfahren attraktiver gemacht werden. „Wir müssen Qualitätszonen definieren“, betonte Peinelt und verwies auf die Neue Friedrichstraße, die zur reinen Fahrradstraße werden soll.
Wohin mit dem Fahrrad in der Stadt? Peinelt denkt an mehr Radbügel und Stellplätze. Als weitere Serviceangebote sind Fahrradboxen und -häuschen geplant. Bereits jetzt nimmt Wuppertal an der Öffentlichkeitskampagne „Liebe braucht Abstand“ teil, die für rücksichtsvolles Verhalten wirbt.
Dass es auf Wuppertaler Straßen an Rücksicht mangelt, konnte das Publikum bestätigen. „Die Autos parken auf den Radwegen, Fußgänger gehen auf ihnen“, hieß es. Verkehrsunterricht für Kindergartenkinder und Schüler sei nicht genug, meinte ein Zuhörer. „Ich denke, es muss dringend eine Erziehung der Autofahrer stattfinden.“ Kritisch gesehen wurde auch, dass Peinelts Ressort nur 200000 Euro im Monat zur Verfügung stehen. „Radverkehr fördern ist gut“, kommentierte Frederic Rudolph, „aber wir müssen auch den Autoverkehr zurückdrehen.“