Auswirkungen des Brexit Unternehmen und Uni sehen möglichen Brexit noch gelassen
Wuppertal · Industrie- und Handelskammer rät Firmen vom schlechtesten Fall auszugehen. Unruhe kommt ob der unklaren Situation nicht auf.
Das Brexit-Chaos geht weiter: Nachdem die britische Premierministerin Theresa May am Dienstag die Abstimmung über ihren Brexit-Deal im britischen Unterhaus verloren hat, ist völlig offen, wie und ob das Vereinigte Königreich am 29. März aus der Europäischen Union austreten wird. Die Sorge über einen ungeordneten Brexit ohne Abkommen beschäftigt nicht nur die Märkte in London und Frankfurt, sondern auch Wuppertal als Industrie- und Bildungsstandort.
Wirtschaft
Die Industrie- und Handelskammer Wuppertal-Solingen-Remscheid rät ihren Mitgliedern laut einer Sprecherin, im Bezug auf den Brexit vom „schlechtesten Fall“ auszugehen. Insbesondere mit finanziellen Belastungen in Form von Zöllen und verlängerten Lieferzeiten durch lange Wartezeiten an den Grenzen müsse im Falle eines ungeordneten Brexits gerechnet werden.
Tendenziell könnten Wuppertaler Unternehmen davon stärker betroffen sein als andere Firmen in Nordrhein-Westfalen, da die Exportquote Wuppertals höher liegt als der NRW-Durchschnitt. Die Exportquote beschreibt den Anteil des Umsatzes aus Auslandsgeschäften am Gesamtumsatz. Während dieser Wert im NRW-Durchschnitt bei 44,4 Prozent liegt, beträgt die Exportquote Wuppertals 59,9 Prozent (Stand Dezember 2018).
Beim Wuppertaler Unternehmen Vorwerk bricht aufgrund der Gefahr eines ungeordneten Brexits keine Panik aus. Zwar exportiere man Produkte nach Großbritannien, allerdings nur in einem sehr geringen Umfang. Der Umsatz am britischen Markt macht laut Unternehmenssprecher Michael Weber nur einen Anteil von unter einem Prozent am Gesamtumsatz aus. Da man zudem nicht auf der Insel produziere, erwarte man keine größeren Probleme durch den Brexit. Handelsbeschränkungen seien jedoch nie positiv und könnten in der Zukunft möglicherweise zu erhöhten Produktionskosten führen. Dies sei jedoch im Einzelfall zu betrachten und auch dann erst ein Problem, wenn es wirklich zu solchen Einschränkungen kommen sollte.
Bildung
Auch die Bergische Uni Wuppertal ist vom Brexit betroffen, insbesondere der Fachbereich Anglistik. Die Kooperation mit dem Vereinigten Königreich ist in diesem Fachbereich besonders eng. „Wir kooperieren mit Schulen und Hochschulen in Großbritannien sowohl auf der Ebene des Studierendenaustauschs, als auch im Bereich der Forschung“, sagt Prof. Bärbel Diehr. Das Projekt „PrimA!“ ermöglicht es jährlich etwa 60 Studierenden, ein dreimonatiges Praktikum an einer von mehr als 30 Partnerschulen in Großbritannien zu absolvieren. „Man sieht deutliche Erfolge des Projekts. Nicht nur die Sprachkompetenz der Studierenden wird gestärkt, sondern auch ihr Selbstbewusstsein“, berichtet Bärbel Diehr. Sie ist entschlossen, dieses Programm auch nach dem Brexit weiterzuführen.
Mögliche Probleme: Verlässt das Vereinigte Königreich die EU, könnte dies auch das Ende für eine Stipendienvergabe durch das EU-Programm Erasmus bedeuten. Sollte es zu einem ungeordneten Brexit kommen, könnten Studierende künftig ein Visum brauchen, um nach Großbritannien einreisen zu dürfen. „Das wäre alles mit einem erheblichen Mehraufwand und zusätzlichen Kosten verbunden. Vermutlich würden dann deutlich weniger Studierende an dem Programm teilnehmen“, befürchtet Bärbel Diehr. Sie gibt sich jedoch kämpferisch: „Ich werde alles tun, damit das Programm bestehen bleibt, und mich weiter für die internationale Verständigung einsetzen.“
Freundschaften
Den europaweiten Trend, dass sich britische Staatsbürger in Folge des Brexits in anderen EU-Ländern einbürgern lassen, kann man auch in Wuppertal beobachten. Laut einem Sprecher der Stadt wurden 2017 33 Briten in Wuppertal eingebürgert, bis Ende September 2018 waren es 14. Zum Vergleich: Bis zum Jahr 2016, in welchem das Brexit-Referendum stattfand, wurden jährlich etwa drei bis fünf Briten in Wuppertal zu deutschen Staatsbürgern. Und die Städtepartnerschaft mit der britischen Städteregion South Tyneside wird weiter fortbestehen; auch wenn sich die Einwohner der Region im Nordosten Englands mehrheitlich für den Brexit ausgesprochen hatten.