Wo die Feldlerche singt
Von Wuppertals Groko ist lange nichts Visionäres zu hören gewesen. Es hatte schon den Anschein, dass die politischen Partner SPD und CDU im jahrelangen Kuscheln sanft entschlafen seien, da hauten sie doch noch einmal etwas Brauchbares heraus.
Der Antrag, 110 Hektar Landes für wertigen Wohnungs- und Hausbau bereitzustellen, ist ebenso richtig wie überfällig. Während ringsum kleinere Kommunen die Zeichen der Zeit längst erkannt haben und Platz schaffen für Familien, für gut verdienende Neubürger, denken in Wuppertal offenbar immer noch viele, es reiche aus, eine schöne, lebens- und liebenswerte Stadt zu verwalten. Der Rest komme dann schon von allein.
Leider ist das Gegenteil der Fall. Es kommt nicht nur nichts. Es gibt obendrein auch noch Tendenzen, dass selbst die vorhandenen jungen Familien und gut situierten Bürger Wuppertal verlassen, weil sie hier nicht finden, was sie suchen: ein vernünftiges, bezahlbares Fleckchen Erde, auf dem sie für Kind, Kegel und die Altersvorsorge Eigentum errichten lassen können. Deshalb trifft es sich gut, dass wenigstens bei der Groko der Groschen gefallen ist.
Aber das heißt noch nicht viel. Politik ist in Wuppertal nämlich nicht die Suche nach den besten Lösungen und das Streben nach größtmöglichen Schnittmengen. Wuppertals Kommunalpolitik gefällt sich vielmehr immer noch in ideologischen Grabenkämpfen. Während die FDP die gute Idee von CDU und SPD nach Bundestagsvorbild kurzerhand für sich reklamiert, treten die Grünen auf die Bremse und warnen in einer Stadt, die glücklicherweise zu fast 50 Prozent aus Wald und Wiesen besteht, vor „Flächenzupflasterung“, Davon kann bei 110 Hektar allerdings keine Rede sein. Der Bund für Umwelt und Naturschutz versteigt sich gar zu der steilen These, dass Wuppertal an die Grenze seines Wachstums gestoßen sei.
Dass diese Stadt seit Jahren einen unerwarteten Bevölkerungszuwachs hat, dass die Gründung der Metropolregion Rheinland die Karten neu mischte, dass annähernd alle Indizien dafür sprechen, dass diese Stadt neue Impulse braucht, damit die Wirtschaft hier endlich so wächst, dass mehr Menschen in anständig bezahlte Arbeit kommen — egal, Hauptsache alles passt in die eigene Ideologie.
Es stimmt zwar, dass Wuppertal seit Jahren kein erkennbares Entwicklungskonzept mehr hat. Es ist auch richtig, dass Planungen oft nach dem Motto zu erfolgen scheinen, dass der zuerst mahlt, der zuerst kommt. Und wenn es kein Windhundrennen ist, dann verschieben gewiefte Investoren ihren riesigen Kubus durch cleveres Einflüstern in bestimmte Gehörgänge um fast 30 Meter nach Westen, während das wohl schönste historische Villen-Viertel Deutschlands unter den Augen der Stadtverwalter mit 08/15-Hütten verschandelt wird.
An alldem ändert sich allerdings nichts, wenn Kommunalpolitiker sich nicht ändern. Sie sind dafür zuständig, die Arbeit der Stadtverwalter zu kontrollieren. Ihre Aufgabe ist vorzudenken, zu entscheiden, zu beauftragen.
Nun geht es also darum, jenen Bauland oder Immobilien zur Verfügung stellen zu können, die der wirtschaftlichen Entwicklung Wuppertals nutzen könnten. Der Maßstab können dabei nicht die sein, die der Hilfe der Allgemeinheit bedürfen, wie es die Grünen im Stadtrat gern hätten. Der Maßstab müssen diejenigen sein, die Einkommensteuern bezahlen und ihr Geld im lokalen Einzelhandel ausgeben. Nur sie und ein fairer Finanzausgleich zwischen Städten, Ländern und Bund ermöglichen Wuppertal es, Bedürftigen angemessen zu helfen.
Aus diesem Grund braucht Wuppertal dringend konkurrenzfähiges Bauland und neue Gewerbeflächen. Es braucht keine Bedenkenträger, niemanden, der aus Prinzip gegen Ideen des politischen Wettbewerbers ist, sondern Politiker und Organisationen, die sich kritisch, aber konstruktiv mit der Frage beschäftigen, wie diese Stadt einen dauerhaften Aufschwung erzeugen kann. Nicht zuletzt angesichts einer deprimierenden Arbeitslosenquote ist es dafür jetzt allerhöchste Zeit. Und der Feldlerche wird’s nicht schaden. Für die will der Oberbürgermeister ja Platz auf der Kleinen Höhe schaf- fen, im Schatten der Forensik.