Wo sind all die Zivis geblieben?
Zivildienst: In der Stadt sind derzeit nicht einmal 20 Prozent aller Stellen besetzt.
<strong>Wuppertal. "Wir suchen Hände ringend nach neuen Zivis." Petra Volkmann ist im Helios-Klinikum für die Betreuung von Zivildienstleistenden zuständig und verwaltet einen Mangel: 90 Stellen für Wehrdienstverweigerer sind planmäßig in der Klinik vorgesehen - und nur 20 davon besetzt. Laut Volkmann sind diverse Bereiche im Krankenhaus zusammengezogen worden, weitere Aufträge wurden an Tochterunternehmen vergeben. Die Klinik reagiert auf den Mangel, zumal eine grundlegende Besserung derzeit nicht in Sicht ist.
"Das wird noch weniger werden", unkt Petra Volkmann und auch sie weiß, dass nicht einfach mehr Angestellte eingestellt werden können, um die Zivis zu ersetzen. Es ist eine Kostenfrage. In der Helios-Klinik werden die Zivildienstleistenden kaum in der Pflege eingesetzt, eher in den Transportdiensten - trotzdem ist die Suche schwer.
Kein Wunder, denn in Wuppertal sind von den derzeit 974 Zivildienstplätzen in 176 Einrichtungen lediglich 127 dieser Stellen besetzt. Das liegt nach Auskunft von Josef Opladen, stellvertretender Sprecher des Bundesamtes für Zivildienst, auch daran, dass der Ersatzdienst nur neun Monate dauert. Kurz nach dem Abitur nehmen viele Schulabgänger erst einmal Urlaub, im August und September treten sie dann die Stellen an.
Aber auch dann werden nach Opladens Hochrechnung nur etwa 220 Stellen in der Stadt besetzt sein. Die Quote liegt in Wuppertal nach Einschätzung des Sprechers weit unter der Bundequote. In den alten Ländern sind im Regelfall zirka 30 Prozent der angeboten Stellen besetzt. In Wuppertal sind es im Schnitt gerade mal 20 Prozent.
Bereits Anfang des Monats hatte die WZ darüber berichtet, dass die Schule für Körperbehinderte dringend auf weitere Zivildienstleistende angewiesen ist. Die stellvertretende Schulleiterin Christiane Strufe hatte erklärt: "Wir sind darauf angewiesen, die jungen Männer im Haus zu haben. Wenn keiner mehr kommt, dann wird es für uns richtig dramatisch." Sieben Stellen müssen bis zum 1. August besetzt sein, drei waren es gerade Anfang Juni.
Trend In NRW sind zum Stichtag 16. Juni insgesamt 1089 gemeinnützige Trägergesellschaften innerhalb des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes gelistet, die insgesamt 4400 Zivildienststellen anbieten. Von diesen waren nur 598 besetzt.
Wuppertal In der Stadt gibt es 37 Institutionen, die dem Wohlfahrtsverband angeschlossen sind. Von den angebotenen 200 Zivildienstplätzen waren am 15. Juni gerade mal 15 besetzt.
Engpass Die Zahl der Zivildienstleistenden nimmt natürlich in dem Maße ab, wie auch der demographische Wandel einsetzt. Weniger Kinder bedeuten weniger junge Menschen und damit auch nicht mehr so viele Wehrdienstverweigerer.
Bundeswehr Die Bundeswehr hat nach Auskunft des Bundesamts für Zivildienst die Zahl der zu musternden jungen Männer in den vergangenen Jahren stetig reduziert. Wer aber nicht gemustert wird, der verweigert auch nicht und fällt daher als Zivi aus.
Mut Zur Lücke Hinzu kommt, dass viele junge Männer nach der Musterung warten, ob sie überhaupt eingezogen werden. Auch dies ist immer seltener der Fall, wie Ernst-Wilhelm Rahe vom Paritätischen Wohlfahrtsverband NRW berichtet. Wer nicht eingezogen wird, der muss auch nicht verweigern - er fällt also ebenfalls als Zivi aus.