Projekt WSW: Auch für Stromkunden soll es eine Happy Hour geben
Ein Forschungsprojekt von Uni und WSW richtet sich an Unternehmen, die Strom zu günstigeren Preisen kaufen wollen.
Wuppertal. Es könnte ein ganz großer Coup auf dem hart umkämpften Markt der Energieversorgung werden: Ein Wuppertaler Forschungskonsortium unter Leitung von Prof. Markus Zdrallek und Jan Meese von der Bergischen Universität arbeitet gemeinsam mit den Stadtwerken an dem Projekt Happy Power Hour. Diese Happy Power Hour ist vergleichbar mit den Sonderangeboten der Gastronomie. In diesem Fall sind es Unternehmen und Großabnehmer, die von den enormen Preisschwankungen auf den Strommärkten profitieren sollen.
Wenn über die Windräder und Solaranlagen mehr Strom als benötigt eingespeist wird, reagiert darauf der Strommarkt zeitweise sogar mit Negativpreisen. Dann werden die Versorgungsunternehmen vom Energieversorger zum Energieentsorger. So geschehen zum Beispiel bundesweit am 8. Mai dieses Jahres, als die Sonne schien und dazu der Wind kräftig wehte. Das führte dazu, dass im Land am Muttertag weit mehr Strom produziert als verbraucht wurde.
Mit 15 bis 20 Firmen aus Wuppertal und Umgebung soll die Testphase von Happy Power Hour anlaufen. Das Vorläuferprojekt, so Prof. Zdrallek, habe funktioniert. Die Zeit drängt, denn die Wuppertaler Idee hat bereits einen Nachahmer gefunden, der mit einem ähnlichen Namen wirbt. „Darüber könnte man sich jetzt ärgern, aber man kann dies auch als Kompliment verstehen. Wir sind ganz offensichtlich auf dem richtigen Weg“, sagt Prof. Zdrallek, der an der Uni den Lehrstuhl für Elektrische Energieversorgungstechnik leitet.
Stadtwerke-Chef Andreas Feicht lud die Vertreter von bereits teilnehmenden und interessierten Unternehmen zur Auftaktveranstaltung in die Schwebebahnwerkstatt in Vohwinkel ein. Ein symbolischer Ort, denn dort werden die neuen Schwebebahnwagen auf ihren Einsatz vorbereitet, mit denen Wuppertal in die Zukunft starten wird. „Es ist ein guter Ort, um über die Zukunft zu reden. Die Happy Power Hour ist für Firmenkunden gedacht, da bei Privathaushalten die Stromabnahme nicht groß genug ist“, sagte Feicht.
Langfristig kann sich der WSW-Chef aber vorstellen, dass die massiven Veränderungen durch die Energiewende für eine Revolution im Bereich der Privathaushalte sorgen werden. Feicht schließt nicht aus, dass es Strom-Flatrates geben wird, die bestehende Preismodelle ersetzen.
Die Arbeitsabläufe der Wuppertaler Unternehmen Tigges GmbH & Co. KG, Joh. Hermann Picard GmbH & Co. KG, Stahlwille Eduard Wille GmbH & Co. KG sowie des Hagener Unternehmens Hawker GmbH sollen im nächsten Schritt analysiert werden. Ziel ist es, den planbaren Stromverbrauch so zu optimieren, dass der größte Verbrauch dann geschieht, wenn der Preis für die WSW auf dem Strommarkt am günstigsten ist. Angesichts der großen Preisspannen lohnt sich das. Der Clou: Die gewünschte Lastenverteilung regelt das Unternehmen selbst, es muss also nicht befürchten, dass Produktionsabläufe von außen bestimmt werden.
„Es ist ein dynamisches System, das sowohl den Kunden als auch dem Anbieter Spaß machen soll“, sagt Prof. Zdrallek. Energieeinsparungen sind dabei nicht das Ziel, doch eine effizientere Nutzung von Energie wird langfristig zur Optimierung des Systems beitragen. Bisher kann der Ausbau des Netzes inklusive dringend benötigter Speicherkapazitäten nicht mit dem Wachstum bei der erneuerbaren Energie Schritt halten. Das führt zu den beschriebenen Überkapazitäten.
Das Land NRW und die Europäische Union fördern das Projekt mit 482 000 Euro, insgesamt beträgt das Projektvolumen 1,3 Millionen Euro.