Ärger über Bürgerbudget in Wuppertal Aussichtsplattform statt barrierefreier Trassen-Zugang

Wuppertal · Viele Wuppertaler wünschen sich einen behindertengerechten Zugang zur Nordbahntrasse im Bereich der Lüntenbeck. Stattdessen wird mit Mitteln aus dem Bürgerbudget ein Aussichtspunkt gebaut.

Der Bagger ist da. Aber für die Siedlungsbewohner arbeitet er am falschen Projekt.

Foto: Jürgen Müller

Rege Bautätigkeit gibt es seit einigen Wochen an der Nordbahntrasse im Bereich der Lüntenbeck. Mit Baggern wird ein Teil des Erdreichs in Richtung der Siedlung begradigt. Dabei handelt es sich allerdings nicht um den Startschuss für den schon lange erwarteten behindertengerechten Zugang zwischen Lüntenbeck und Trasse. Vielmehr soll hier laut Verwaltung eine Aussichtsplattform entstehen. Siedlungsvorsitzender Jürgen Müller ist darüber verärgert.

Mittel für Plattform kommen aus dem Bürgerbudget

„Die Stadt vertröstet uns schon lange damit, dass für den behindertengerechten Zugang kein Geld da ist und auch keine personellen Kapazitäten zur Verfügung stehen“, berichtet er. „Jetzt fragen wir uns natürlich, warum ausgerechnet für eine solche Plattform die nötigen finanziellen Mittel bewilligt wurden“, so Müller.

Antwort darauf gibt Stadtsprecherin Martina Eckermann. „Es handelt sich um eine Maßnahme aus dem Bürgerbudget vor zwei Jahren“, erläutert sie. Dabei wurden mehrere Aussichtspunkte entlang der Trasse beschlossen. „An der Lüntenbeck haben wir eine sehr schöne Ortslage, so dass eine Plattform den Bereich aufwertet“, so Eckermann.

Die Stadt betont, dass es sich hier um eine überschaubare Maßnahme handele, die Wichernhaus-Mitarbeiter umsetzten. Dabei entstünden Kosten von rund 4000 Euro. „Das ist überhaupt nicht mit dem geplanten behindertengerechten Zugang zu vergleichen, der sicherlich Kosten im sechsstelligen Bereich bedeuten wird“, stellt Martina Eckermann klar.

Diesbezüglich bittet Oberbürgermeister Andreas Mucke (SPD) die Siedler um Geduld. Ursprünglich sei geplant worden, den Zugang in die kommende Haushaltsplanung zu übernehmen. Der grundsätzliche Bedarf sei unstrittig. „Da aufgrund der strikten Vorgaben der Kommunalaufsicht nur bedingt Finanzmittel zur Verfügung stehen, ist die Verwaltung aber gezwungen, Prioritäten insbesondere bei den Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur zu setzen“, heißt es in einem Schreiben des Oberbürgermeisters an die Siedlung.

Der behindertengerechte Zugang zur Nordbahntrasse sei wünschenswert, aber im Vergleich zu Maßnahmen des Verkehrs im Stadtgebiet leider im aktuellen Haushalt nicht zu finanzieren. Mucke wirbt um Verständnis für die Verzögerung.

Das hält sich bei Jürgen Müller allerdings in Grenzen. „Die Stadt hat es immer wieder versäumt, Fördergelder zu beantragen“, kritisiert er. „Mit den entsprechenden Mitteln könnten die kommunalen Ausgaben für den behindertengerechten Zugang um 90 Prozent vermindert werden“, schätzt Müller.

Jetzt gebe es bald einen Aussichtspunkt, der von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen aber auf absehbare Zeit nicht genutzt werden könne. Er hat außerdem Kritik am Standort der Plattform: Von dort seien die angrenzenden Häuser und Grundstücke direkt einsehbar.