Wuppertal braucht Arbeit
Neunkommaeins Prozent. In Zahlen: 9,1 Prozent. So groß ist in Wuppertal der Anteil derjenigen an der erwerbsfähigen Bevölkerung, die keine Arbeit haben. Das ist bitter. Noch bitterer ist diese Bilanz, wenn diejenigen eingerechnet werden, die in Fortbildungsmaßnahmen geparkt sind, also den Gabelstaplerführerschein machen, um nachher festzustellen, dass keine Gabelstaplerfahrer benötigt werden.
Wuppertals Arbeitsmarktbilanz ist ein einziges Trauerspiel. Und das nun schon seit Jahren. Selbst in Solingen und Remscheid ist die Quote besser, wenn auch nicht sonderlich gut.
Das deprimierende Zahlenwerk will allerdings so gar nicht zum Glanz passen, den zuletzt Unternehmen und Unternehmer in die Glashalle der Stadtsparkasse gezaubert haben. Dort vergaben Wuppertal aktiv und Wuppertal Marketing den Wirtschaftspreis. Die Halle war voll, sehr voll sogar. Summiert saßen dort Milliarden von Euro Jahresumsatz, Zigtausende von Beschäftigten, weltweite Kontakte und eine Innovationskraft, die so manche andere Stadt in Deutschland und Westeuropa schwindelig gemacht hätte.
Da drängt sich die Frage auf, ob weltweit erfolgreiche Unternehmen wie beispielsweise der diesjährige Preisträger Schmersal trotz oder wegen des Standortes Wuppertal so erfolgreich sind. Höflich wie Unternehmer in der Regel sind, hat Geschäftsführer Philip Schmersal den Standort Nächstebreck über den grünen Klee gelobt. Und es mag auch sein, dass bereits bestehende Betriebe in Wuppertal ordentlich unterstützt werden.
Aber angesichts der Zahlen vom Arbeitsmarkt reicht das nicht aus. Da muss mehr kommen. Es kommt jedoch nichts. Das ist umso ärgerlicher, als Oberbürgermeister Andreas Mucke (SPD) selbst just an dem Abend in der Glashalle davon sprach, die Arbeitslosenquote erst auf den NRW-Wert zu senken und dann auf den Bundesschnitt. Der liegt derzeit, Lichtjahre entfernt, bei 5,4 Prozent. Und das ist kein Wunder. Denn durch markige Worte und ewig neue Arbeitskreise sind bisher noch selten Arbeitsplätze entstanden.
Abgesehen von einem gut funktionierenden städtischen Technologiezentrum W-tec findet in Wuppertal im Grunde überhaupt keine Wirtschaftspolitik statt. Als die Bundesregierung nach sogenannten Digital-Hubs suchte, Zentren, in denen bestehende und Zukunftsindustrie verknüpft werden sollten, wurde sie schnell fündig. Nun werden Regionen wie Aachen, das Münsterland, das Ruhrgebiet und natürlich Düsseldorf sowie Köln gefördert. Wuppertal hat sich darum erst gar nicht bemüht.
Stattdessen beschäftigt die Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft nun eine befristete Aushilfe mit dem Ausfüllen von Förderanträgen für den Breitbandausbau. Dass deren Expertise darin besteht, im Luisenviertel unfallfrei W-Lan-Boxen aufgestellt zu haben, zeigt nur, wie ernst Wuppertal das Thema nimmt.
So wird das nichts mit einer wenigstens halbwegs erträglichen Erwerbslosenquote. Und auch Muckes „Bündnis gegen Armut und für soziale Gerechtigkeit“ ist nicht mehr als eine steuerfinanzierte Beruhigungspille, wenn in dieser Stadt nicht endlich neue, ordentlich bezahlte Arbeitsplätze geschaffen werden. Dazu braucht es Gewerbeflächen und Konzepte, sie zukunftsträchtig zu vermarkten. Sonst ist Wuppertal in nicht allzu ferner Zukunft nicht nur die grünste, sondern auch die ärmste Groß- stadt Deutsch- lands.