Gedenken Erinnerung und Verantwortung

Wuppertal · Anlässlich des Jahrestags des gescheiterten Attentats auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 luden der Rat der Stadt und die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit zu einer Gedenkstunde im Deweerthschen Garten ein.

Die Stadt und die Alte Synagoge erinnerten zum Jahrestag des Hitlerattentats an den Widerstand gegen die NS-Herrschaft.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Mit Maske und Abstand fanden sich Vertreter der Parteien und interessierte Bürger an dem 1958 eingeweihten Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus ein, erinnerten an den Widerstand gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft und gedachten der Opfer.

Oberbürgermeister Andreas Mucke erinnerte in seinen Eröffnungsworten an Wuppertaler wie Fritz Brass oder Hermann und Helmut Hesse, die ebenfalls Widerstand geleistet haben, zitierte Hannah Arendt zur Problematik, was es heißt, persönliche Verantwortung in einer Diktatur zu übernehmen, und sprach von der Pflicht zum Widerstand, damit sich die Geschichte nicht wiederholt.

Anschließend sprachen Dr. Ulrike Schrader und Dana Thiele von der Begegnungsstätte Alte Synagoge zum Thema „Warum es nicht genügt, ein Mensch zu sein“. Sie erinnerten an den Wuppertaler John Wahl, der als deutschsprachiger jüdischer US-Soldat nach Kriegsende bei dem damaligen Oberbürgermeister der Stadt, Eugen Thomas, vorstellig wurde.

Den schlechten Zustand des jüdischen Friedhofes in Barmen prangerte er an und ein Denkmal für seine ermordeten Eltern wollte er aufstellen lassen. Zuvor hatte er versucht, seine Eltern im Konzentrationslager Theresienstadt zu finden, um zu erfahren, dass er sie und viele Freunde und Familienmitglieder verloren hat.

„Was bedeutet die Inschrift ,Der Mensch sei Mensch’ auf dem Mahnmal hinter mir?“, fragte Schrader und versuchte, die Animosität zu erklären, die Wahl damals erlebt hat. Zwölf Jahre Gleichschaltung im Dritten Reich hatten Spuren hinterlassen. Noch 1949 sind ein Viertel der Deutschen antisemitisch eingestellt, 1953 ist die Anzahl auf ein Drittel gestiegen.

Der Essayband „Die Unfähigkeit zu trauern“ aus dem Jahr 1967 von Alexander und Margarete Mitscherlich war ein Schlüsseltext für die „Bewältigung“ der NS-Vergangenheit. „Die Unfähigkeit zur Trauer um den erlittenen Verlust des Führers ist das Ergebnis einer intensiven Abwehr von Schuld, Scham und Angst“, diagnostizierten sie. Als Folge dieses Versagens seien die Deutschen unfähig geworden, begangenes Unrecht anzuerkennen und „in sozial fortschrittlicher Weise die Probleme unserer Gesellschaft in Angriff zu nehmen“. Und das greifen Schrader und Thiele auf, das solidarische Gemeinschaftsgefühl war auch ein Grund für das langjährige Bestehen des NS-Regimes.

Vor dem Sockel des einstigen Kaiser-Wilhelm-Denkmals - heute Teil des Mahnmals für die Opfer des Nationalsozialismus - legten danach Vertreter von Verbänden und Parteien Kränze nieder.