Buchvorstellung Grabenhorst zu Gast in Wuppertal: Geschichten eines Straßenmusikers und „Liederklauers“

Wuppertal · Das Allroundtalent Klaus Grabenhorst hat sein neues Buch präsentiert. Er setzt dabei auf das Wort und die Musik.

 Klaus Grabenhorst brachte  „Das Lächeln der Erinnerung“ und gute Laune in den Glücksbuchladen.

Klaus Grabenhorst brachte „Das Lächeln der Erinnerung“ und gute Laune in den Glücksbuchladen.

Foto: Michael Mutzberg MM

Etwa 60 Auftritte im Glücksbuchladen an der Friedrichstraße hat Klaus Grabenhorst bereits absolviert, doch sein Termin vom Mittwochabend war für den Sänger, Schauspieler und „Erzählkünstler“ etwas Besonderes: Er präsentierte dort Geschichten aus seinem gerade erst veröffentlichten Buch „Das Lächeln der Erinnerung“. Eigentlich als Open-Air-Auftritt im Innenhof gedacht, musste der Termin aus Wettergründen in den Buchladen verlegt werden.

Für den 1958 in Braunschweig geborenen und seit 1995 in Düsseldorf lebenden Künstler war der Auftritt in der Buchhandlung von Kerstin Hardenburg auch deshalb von großer Bedeutung, weil er sich nach der coronabedingten Zwangspause wieder vor Live-Publikum präsentieren konnte. In seiner Begrüßung erinnerte er denn auch an die Zeit ab März 2020, als die Pandemie das Leben von Grund auf veränderte und „eine Absage nach der anderen“ ihn erreicht hatte. Was tun? Grabenhorst schrieb zwei Bücher, in denen er Geschichten aus seinem Leben erzählt: „Eine einzige große Welt von Liedern“ (2021) und das jetzt erschienene „Lächeln der Erinnerung“.

Persönliche Erlebnisse, Anekdoten und Assoziationen

Darin verarbeitet er persönliche Erlebnisse aus seinem Leben als Künstler mit Anekdoten, Assoziationen und Querverweisen auf musikalisch-lyrische Vorbilder. Sechs Geschichten sind in seinem neuesten Buch zu finden, aus denen er am Mittwochabend in Auszügen vorlas.

Wobei der Auftritt Grabenhorsts mit Lesung nur unzutreffend charakterisiert wäre, versteht sich der Düsseldorfer doch vor allem als Straßenmusikant. Als solcher stimmte er bei seinem jüngsten Auftritt in Wuppertal dann auch zunächst zwei Lieder auf der Gitarre an – als Hommage an den französischen Liedermacher und Dichter Georges Brassens. Die Texte hatte er sich ins Deutsche „übersetzen“ lassen – oder besser gesagt: er hat sie auf Grundlage der deutschen Übersetzung für sich interpretiert und seinem persönlichen Vortrag und Duktus angepasst. Diese Leistung ist umso erstaunlicher, wenn man berücksichtigt, dass Grabenhorst keine frankophone Prägung hat: „In Fremdsprachen bin ich grottenschlecht. Ich kann überhaupt kein Französisch.“

Dass er es trotz dieser Defizite wegen seiner Brassens-Adaptionen zu einem Auftritt im französischen Fernsehen gebracht hat, erzählte Grabenhorst im Anschluss in der Geschichte „Unser Georges“. Da er auf einem Hocker saß, hatte er genug Beinfreiheit, um die Geschichten mit Gesten und Bewegungen anzureichern. Denn auf der Stelle sitzen, eine Viertelstunde vorlesen und Seiten umblättern – das liegt dem gelernten Straßenmusiker offenbar nicht.

Zu genau weiß er um die abnehmende Aufmerksamkeit im Publikum, muss immer neue Kontrapunkte oder Akzente setzen. Zudem hat ihn eine Begegnung mit dem syrisch-deutschen Autor Rafik Schami die Bedeutung des Cliffhangers gelehrt. Er stoppt an einer wichtigen Stelle, um die Neugierde wachzuhalten.

Seit 1977 ist Grabenhorst immer wieder als Straßenmusiker aufgetreten. Damals hatte er an der Hauptwache in Frankfurt seine ersten Erfahrungen gesammelt, lobt diese „Kultur mitten im Alltag“, die sein Leben nachhaltig geprägt und viele Begegnungen mit Mitmenschen, Zeitgenossen und Kollegen ermöglicht hat. Vorbild – oder nach eigenen Worten: Lehrer – ist dabei übrigens Wolf Biermann, den er irgendwann einmal in München kennengelernt hatte.

Inspiration ist wichtig, aber auch der lockere Zugriff auf künstlerische Vorlagen gehört zum Metier. Klaus Grabenhorst bezeichnet sich deshalb auch ungeniert als „Liederklauer“, der sich in der europäischen und US-amerikanischen Volksmusik (nicht zu verwechseln mit „volkstümlicher Musik“) gerne bedient. Sein Motto laute denn auch: „Ich schreibe nicht selber, ich klau’s!“