Die Mobilität der Zukunft Zukunft der Mobilität: Wie wir morgen von A nach B kommen

Bei näherer Betrachtung ist selbst ein Alltagsgegenstand wie ein Auto noch voller Geheimnisse. Prof. Kristian Wolf ist ihnen auf der Spur.

„Der Auspuff dient der Markierung des Reviers“, sagt Prof. Kristian Wolf, Designprofessor an der Bergischen Universität. Wie er gestaltet ist, ist immer mit dem Zeitgeist verbunden: mal zurückhaltend, mal gut sichtbar.

Foto: ja/Julian Stratenschulte

Bei näherer Betrachtung ist selbst ein Alltagsgegenstand wie ein Auto noch voller Geheimnisse. Prof. Kristian Wolf ist ihnen auf der Spur. Der Design-Professor an der Bergischen Universtität hat einen anderen Blick auf das, was Kritiker stinkende Blechkarrossen nennen und Befürworter Träume auf Pneus. Im Transformationstandem des Wuppertal Institutes ist Wolf jetzt auf den Chefredakteur der Westdeutschen Zeitung, Lothar Leuschen, getroffen. In der Videokonferenz ging es um die Zukunft der Mobilität und darum, wie eine Lokalzeitung deren Wandel begleitet.

Da traf es sich sehr gut, dass Prof. Wolf einen anderen Blick auf das Auto richtete, einen ästhetischen, bei dem es in erster Linie um den Auspuff und dessen Formensprache ging. Der Gelehrte entlarvte die Tricks der Automobildesigner, die Auspuffe mal deutlich zeigen, mal mit eleganten Schwüngen umschmeicheln und mal ganz in der Karosserie verschwinden lassen. Und immer ist das mit dem Zeitgeist verbunden. Sind gerade Leistung und Vortrieb en vogue, dann zeigen Autos ihre Kraft. Geht es mehr um Umweltschutz und Alltagskompatibilität, sind die Extremitäten der Kraftfahrzeuge zurückhaltend gestaltet. Aber sichtbar sind sie heute immer, selbst an Fahrzeugen, die gar keine Verbrennungstechnologie an Bord haben. „Der Auspuff dient der Markierung des Reviers“, glaubt Wolf. Und in der Tat hinterlassen Verbrennungsmaschinen auch Spuren, wo immer sie sich bewegen.

Was bedeutet das nun für die Mobilität von Morgen und für den Wandel auf dem Weg dahin? Sowohl Wolf als auch Leuschen stellten fest, dass die Zahl der angemeldeten Fahrzeuge auch in Wuppertal nicht mit der Debatte um Mobilität korrespondiert. Während beispielsweise im Wuppertal Institut mit Nachdruck an Umdenken durch Wissen gearbeitet wird, ist gerade den Deutschen die Lust am Auto nicht vergangenen. „Wir dürfen nicht glauben, dass die Teilnehmer an einem wissenschaftlichen Diskurs zum automobilen Wandel die Mehrheit der Gesellschaft abbilden“, sagte Leuschen.

200 Unternehmen im Bergischen haben mit Fahrzeugen zu tun

Die Westdeutsche Zeitung begleitet die Veränderung der Gesellschaft seit Jahren sehr intensiv und sehr interessiert. Die Transformation, mit der sich das Wuppertal Institut beschäftigt, betrifft Arbeit und Freizeit der Menschen in Wuppertal wie in jeder anderen Stadt. „Unsere Aufgabe ist es, diesen Wandel zu beschreiben und zu begleiten“, erklärte Leuschen. „Es ist nicht unsere Aufgabe, den Menschen zu sagen, was sie denken und wie sie sich verhalten sollen.“ Gleichwohl beziehe die Redaktion in Kommentaren Position, werbe immer wieder für ein besseres Miteinander von motorisiertem und nicht motorisiertem Individualverkehr, begleite die Bemühungen der Fahrradfahrer um mehr sichere Wege durch die Stadt. „Aber wir versuchen das sehr ausgewogen zu tun. Auch wer gegen Fahrradwege und für Autos ist, hat dafür womöglich gute Argumente.“

Dazu zählt unter anderem die Tatsache, dass im Bergischen Städtedreieck allein 200 Unternehmen beheimatet sind, die mittelbar oder unmittelbar an der Herstellung von motorisierten Fahrzeugen beteiligt sind. Hier geht es um viele Arbeitsplätze und hohe Gewerbesteuereinnahmen für die Städte in der Region.

Pro und Contra: Diese Grundhaltung fand in der WZ zuletzt Ausfluss in zwei Beiträgen über die Kaufprämie für Autos. Während der IHK-Vizepräsident und E-Mobilist Jörg Heynkes diese Prämie in einem Gastbeitrag in der WZ vehement ablehnte, fand der Autohändler Marcus Jungmann Argumente dafür.

Umso mehr brennt Prof. Oscar Reutter vom Wuppertal Institut die Frage auf den Nägeln, wie ein Sinneswandel weg vom Auto zu erzeugen sein könnte. Kristian Wolf erinnerte in diesem Zusammenhang an die Macht der Automobillobby, einige Diskutanten führten Gebote und Verbote ins Feld. Wieder andere warben im Wettbewerb um sinnvollere, umweltverträgliche Mobilität von Morgen für den Ausbau attraktiver Alternativen. „Und die müssen auch Menschen nutzen, die beispielsweise in Beyenburg wohnen, wo die Infrastruktur anders ist als in Elberfeld“, sagte Leuschen.

Aber der Weg ist noch weit. Das zeigt schon der ungebrochene Verkaufserfolg von Automobilherstellern mit SUV, die kraftstrotzend mit Allradantrieb über asphaltierte Straßen rollen. Red