Altschuldenabbau in Wuppertal Positive Signale zu ungerechter Finanzverteilung aus Berlin
Wuppertal · Oberbürgermeister Uwe Schneidewind war mit dem Aktionsbündnis finanzschwacher Städte in Berlin. Vom Bund gab es Zusagen, jetzt kommt es auf das Land an.
40 Vertreterinnen und Vertreter des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“, in dem Wuppertal Mitglied ist, waren im Bundeskanzleramt, im Finanzministerium und im Bundestag zu Gast, teilte die Stadt in einer Pressemitteilung mit. In allen Gesprächen habe das Bündnis verdeutlicht, wie dringend die ungerechte Finanzverteilung behoben werden muss und dass dies trotz der aktuellen Krisen nicht warten könne.
Die Spitze des Bundeskanzleramts und der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium habe wichtige Botschaften für 8,5 Millionen Menschen in Deutschland gehabt. „Sie rennen bei uns sehr offenen Türen ein“, habe Wolfgang Schmidt, Chef des Kanzleramts, mit Blick auf eine Altschuldenlösung für finanzschwache Kommunen gesagt.
Carsten Schneider, Staatsminister beim Bundeskanzler, habe erklärt, Ziel sei es, „dauerhaft die eigene Finanzkraft der Kommunen“ zu stärken. Werner Gatzer, Staatssekretär des Finanzministeriums, sagte demnach den betroffenen Städten und Kreisen zu, dass eine Altschuldenlösung des Bundes ein Thema mit hohem Stellenwert im Finanzministerium sei und dass der Bund bereit sei, seinen Beitrag zu leisten: „Sie haben uns auf Ihrer Seite.“
Schmidt und Gatzer hätten damit den Druck auf die Länder erhöht, in denen es noch keine Altschuldenlösung gibt. Das Saarland, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Brandenburg haben demnach ein Teil des Altschuldenproblems ihrer Kommunen gelöst. Rheinland-Pfalz habe einen solchen Schritt angekündigt, in Nordrhein-Westfalen gebe es bisher keine Lösung.
Stadtkämmerer Johannes Slawig forderte daher die Landesregierung auf, sich am Altschuldenfonds zu beteiligen. Nachdem Rheinland-Pfalz zuletzt seine Beteiligung angekündigt habe, sei NRW nun das einzige Bundesland, ohne eine Zusage. „Dabei ist eine Altschuldenregelung im Koalitionsvertrag von CDU und FDP vereinbart worden", kritisierte Slawig.
In Berlin verdeutlichte nach Angaben der Stadt Wolfgang Schmidt, dass sich die Altschuldenlösung des Bundes auf die Länder beschränken müsse, in denen sich betroffene Kommunen befinden. Das setze voraus, dass sich alle Bundesländer solidarisch verhalten.
Die Bündnisvertreter erklärten, dass die Kommunen die Möglichmacher im Staat seien. Die besonderen Herausforderungen der vergangenen Jahre – die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine und 2015/16, die Bewältigung der Corona-Pandemie – seien alle auf kommunaler Ebene gelöst worden. Die Städte und Kreise gingen dabei immer in Vorleistung und das, obwohl sie stark unter den Folgen der ungerechten Finanzverteilung litten.
Oberbürgermeister Uwe Schneidewind verdeutlichte: „Die Ukraine-Krise macht schonungslos klar, wie fatal die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern gerade für finanzschwache Kommunen ist. Hier leben überproportional einkommensschwache Menschen, die von explodierenden Energiepreisen besonders betroffen sind. Nirgends ist die Umstellung auf regenerative Energien und eine berechenbare Energie-Versorgung wichtiger als in diesen Städten. Doch gerade ihnen sind durch die Altschulden und langjährige Einsparprogramme beim Personal die Hände gebunden, genau diesen Energieumbau kraftvoll zu leisten. Deswegen ist es so zentral, die Altschuldenfrage zu lösen und die Heimaten von rund neun Millionen Menschen wieder handlungsfähig zu machen.“
Burkhard Mast-Weisz, Oberbürgermeister von Remscheid und einer der Sprecher des Aktionsbündnisses, fasste die Lage der betroffenen Kommunen so zusammen: „Es ist nicht eine Minute vor zwölf. Zwölf Uhr ist durch. Wir haben keine Zeit zu warten. Wenn die EZB die Zinsen anhebt, werden wir als Kommunen nicht mehr handlungsfähig sein.“
Die volkswirtschaftlichen Verwerfungen in Folge des Ukraine-Kriegs würden die kommunalen Haushalte ebenfalls erheblich beeinträchtigen, beispielsweise durch Steuerausfälle. Inflation und Kostensteigerungen, insbesondere bei den Investitionen, würden durch die Kriegsfolgen verstärkt und belasteten die Kommunen noch weiter.
Diese akuten Gefahren seien umso bedauerlicher, als die finanzschwachen Kommunen auf einem guten Weg waren. Sie hätten erhebliche Sparanstrengungen unternommen und dadurch Schulden abgebaut. Seit dem Höchststand der Liquiditätskredite im Jahr 2015 (50,4 Milliarden Euro) sei deren Stand bis zum 31. Dezember 2020 um mehr als 15 Milliarden Euro gesunken.
Deshalb formulierte das Bündnis in Berlin jetzt eine klare Forderung: „In der Altschuldenfrage brauchen wir den Bund als Partner, der nicht nur seine Bereitschaft signalisiert, sondern der mit einem Angebot auf die Länder zugeht. Das heißt, wir brauchen jetzt einen Plan, wie die Altschuldenlösung in dieser Legislaturperiode gelingt.“
„Für die Würde unserer Städte“ überreichte den Vertreterinnen und Vertretern aus Bundesregierung und Bundestag ein Positionspapier mit drei Kernforderungen:
1. Abbau der Altschulden aus Liquiditätskrediten und der Wohnungsbau-Altschulden ostdeutscher Kommunen
2. Fairer Ausgleich der Kosten, die auf kommunaler Ebene entstehen, weil Bund und Länder die Städte und Kreise zu zahlreichen Aufgaben verpflichten
3. Neue Förderpolitik für kommunale Investitionen, die dazu führt, dass nicht nur wohlhabende Kommunen eine Förderung wahrnehmen, sondern insbesondere die finanzschwachen Kommunen dadurch vorankommen – zum Beispiel bei den Zukunftsthemen Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung
Im Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ haben sich 66 Kommunen aus acht Bundesländern zusammengeschlossen. In den Städten und Kreisen leben mehr als 8,5 Millionen Menschen – und damit mehr als zehn Prozent aller Deutschen.
Die Kommunen waren besonders vom Strukturwandel betroffen, deshalb haben sie geringe Einnahmen aus Steuern und hohe Ausgaben, insbesondere im Sozialbereich. Infolgedessen sind die Kommunen besonders benachteiligt durch die beschriebene Finanzverteilung und waren in besonderem Maße gezwungen, Schulden zu machen, um die ihnen auferlegten Aufgaben erfüllen zu können.