Historie Wie aus einer Idee eine Rekord-Veranstaltung wurde

Wuppertal · Der Vohwinkeler Flohmarkt entwickelte sich zum Ereignis mit bundesweiter Strahlkraft. In diesem Jahr fällt er aus.

Flohmarkt-Eröffnung mit Prominenz, hier Arbeitsminister Norbert Blüm, Oberbürgermeisterin Ursula Kraus und Ministerpräsident Johannes Rau.

Foto: ja/Kurt Keil

Kein Flohmarkt in Vohwinkel in diesem Jahr. Darüber trauern nicht nur die Vohwinkeler, sondern auch die vielen Teilnehmer und Besucher, die diesen Trödel-Treffpunkt alljährlich besucht haben. Dass sich der Flohmarkt einmal zu so einem Anziehungspunkt entwickelt, haben die Initiatoren sicher nicht geahnt.

Der erste fand 1971 statt, noch auf der Lienhardtstraße. Damals suchten die Arbeitsgemeinschaft Vohwinkeler Vereine (AGVV) und die gerade gegründete Werbegemeinschaft Aktion V nach Möglichkeiten, um Vohwinkel attraktiver zu machen. Nach dem Beispiel des Solinger Zöppkesmarktes entstand die Idee zu einer Mischung aus Pariser Flohmarkt und Bergischem Volksfest.

Das Konzept stieß jedoch bei Politik und Verwaltung auf wenig Resonanz. „Die Mitglieder der Bezirksvertretung hielten die Idee etwa für Hirngespinste“, erinnerte sich der inzwischen verstorbene Adalbert Jasser, einer der „Väter des Flohmarkts“, vor einigen Jahren im WZ-Gespräch. „Wir mussten schwer für den Flohmarkt kämpfen“

Trotz aller Unkenrufe war der Markt mit 30 000 Besuchern ein Erfolg. Aber auch im nächsten Jahr durfte die Veranstaltung wieder nur auf der Lienhardtstraße stattfinden, diesmal kamen 70 000 Besucher. Erst ab 1973 wurde auf der Kaiserstraße getrödelt. Mit jedem weiteren Jahr wuchsen Fläche und Besucherzahl. 1980 waren es nach offiziellen Schätzungen 311 000 Besucher. „Eine so faszinierende Zahl, dass das Guiness-Buch der Rekorde darauf aufmerksam wurde“, ist in der Flohmarktzeitung von 1982 nachzulesen.

Tatsächlich nahm die Publikation für Superlative in ihrer deutschen Ausgabe von 1983 die Veranstaltung auf: „Den größten Flohmarkt, der regelmäßig stattfindet, gibt es in Wuppertal-Vohwinkel. 350 000 Besucher werden jeweils gezählt“ heißt es darin.

Kurt Keil, langjähriger WZ-Fotograf, glaubt sich zu erinnern, wie die Menschenmassen gezählt wurden: „Man hat in einem Bereich zwischen den Schwebebahnpfeilern gezählt und das dann multipliziert mit den Pfeilern und den Stunden.“ Die Rekordzahl von 1983 sei später noch übertroffen worden. So seien es 1985 sogar 450 000 gewesen. Laut Internet-Lexikon Wikipedia soll es bis zu 500 000 Besucher gegeben haben.

„Das war damals ein riesiger Hype“, erinnert sich Andreas Schäfer, der lange für die AGVV den Flohmarkt organisiert hat. Er weiß noch, dass sich vor Einführung einer Computerverwaltung – lange vor seiner Beteiligung – die Teilnehmer persönlich an einem Stichtag anmelden mussten. „Da standen Hunderte in der Schlange am Vohwinkeler Bahnhof.“

Die Computerverwaltung hat Monika Müller eingeführt, die die Organisation von Adalbert Jasser übernahm. Viele Jahre hat sie „viel Herzblut“ in die Organisation gesteckt: „Man hat immer gefiebert, bis der Tag kam.“ Aufregend habe sie anfangs die Eröffnung gefunden: „Da kamen der Ministerpräsident und andere Persönlichkeiten“, berichtet sie. „Da war ich schon nervös.“ Später sei ihr das leichter gefallen. Als prominente Schirmherren und Gäste waren außer Ministerpräsident Johannes Rau zum Beispiel Arbeitsminister Norbert Blüm, Außenminister Hans-Dietrich Genscher, Innenminister Rainer Barzel und der Bundestagsabgeordnete Rainer Barzel in Vohwinkel.

Auch ohne Prominenz hat der Flohmarkt weiter Teilnehmer und Besucher angezogen. Andreas Schäfer weiß von Stammgästen aus Österreich und den Niederlanden. Seiner Meinung nach ist ein Grund der Ort: Die Veranstaltung auf so einer wichtigen Straße brauche zwar ein komplexes Verkehrskonzept – allein die Verkehrsregelung mit Schildern koste 12 000 Euro. Aber es lohne sich:„Das ist ein einzigartiges Flair unter der Schwebebahn.“ Daher hoffen viele auf eine Fortsetzung.