Fernsehen Wuppertal will Tatort-Stadt werden
Wuppertal · Wuppertals OB Andreas Mucke will den WDR anschreiben. Und der Stadt winkt jetzt ein Oscar.
Dortmund will nicht mehr. Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) hat dem WDR-Intendanten Tom Buhrow nach eigenem Bekunden schriftlich gegeben, dass die Tatortkommissare um Jörg Hartmann doch bitte in den vorzeitigen Ruhestand geschickt werden sollen. Letzter Stein des Anstoßes war die Folge vom vergangenen Sonntag. Zuviel Bergbau, zuviel Klischee, befand Sierau und zieht die Rote Karte. An Bergbau und Zechensterben erinnert Dortmund heute nur noch, wenn die Bundesregierung mit Strukturhilfe-Milliarden winkt. An allen anderen Tagen setzt die Ruhrgebiets-Großstadt auf moderne Dienstleistungsunternehmen, ihre Universität und auf Fußball-Millionäre. Dazu passt kein Tatort mit Flaschenbier am helllichten Tage, mit Bergschäden, Mord und Totschlag. Also droht dem Tatort aus Dortmund das Aus.
Bergschäden und Flaschenbier am hellichten Tage
„Wenn die Dortmunder nicht wollen, wir wären gern Tatort-Stadt“, sagt Oberbürgermeister Andreas Mucke (SPD). Darauf habe er den WDR-Intendanten bereits im vergangenen Jahr angesprochen, als der Sender seine Jahrestagung in Wuppertal hatte. Damals sei die Reaktion eher zurückhaltend gewesen. Mit den Teams in Köln, Münster und Dortmund waren die Regionen des Landes NRW auch gut besetzt. Scheidet das Team um Jörg Hartmann jetzt aus, dann wäre eine Polizeibehörde frei. Wuppertal böte sich an. Die Stadt hat sowohl Film- als auch Krimi-Erfahrung.
Mit stetig steigender Frequenz sind vor allem im Briller Viertel Regisseure und Kamerateams zu Gast. Wer Szenen drehen will, die beispielsweise im Berlin der 1920-Jahre oder der ausklingenden Kaiserzeit spielen, der ist in Wuppertal mit seinen vielen Gründerzeit-Villen bestens bedient. Auch die Nordstadt um die Marienstraße ist häufig Kulisse für Kinofilme. Und nun ist die Stadt sogar im Oscar-Rennen. Denn die letzten beiden Szenen des Films „Werk ohne Autor“ von Florian Henckel von Donnersmarck spielen in der Kunsthalle Barmen und im Betriebshof der Stadtwerke.
Aber auch was die TV-Kriminalistik angeht, hat Wuppertal in der deutschen Fernsehlandschaft Spuren hinterlassen. Als Freddy Schenk ermittelt Dietmar Bär im Kölner Tatort. Bär hat eine lange Wuppertaler Vergangenheit. Der Wiener Tatort-Chefinspektor Moritz Eisner heißt in Wirklichkeit Harald Krassnitzer und lebt in Wuppertal.
Ein echter Sohn dieser Stadt steht sogar beispielhaft für den Typus des überlegenen Fernsehkommissars und hat auf fast allen Kontinenten der Erde auch Jahre nach seinem Tod immer noch zahlreiche Fans. Als Stefan Derrick hat Horst Tappert Fernsehgeschichte geschrieben, in den 1970er Jahren waren die Straßen Deutschlands praktisch menschenleer, wenn Derrick seinen Assistenten Harry Klein beauftragte: „Harry, fahr den Wagen vor.“
Viele Fernseh-Kommissare kommen aus Wuppertal
Wuppertal und Tatort gingen also Hand in Hand. Davon ist nicht nur Oberbürgermeister Mucke überzeugt. Auch Schauspielintendant Thomas Braus ist sicher, dass seine Wahlheimatstadt einen sehr guten TV-Krimi-Standort abgeben könnte. „Wuppertal ist eine sehr facettenreiche Stadt mit tollen Kulissen“, sagt Braus. Für so einen Tatort brauche es ein, zwei Figuren, die einen Bezug zur Stadt haben, ihr also auf den Leib geschneidert sind. „Das ist möglich“, sagt der Intendant und erinnert an Else Lasker-Schüler, der das in ihrem Drama „Die Wupper“ beispielhaft gelungen sei. Ob er auch selbst in die Rolle des Kommissars schlüpfen würde? Braus: „Wenn man mich fragt, dann sage ich bestimmt nicht nein.“