Doppelmord in Wuppertal Viele ungeklärte Fragen - Springmann-Millionen beschäftigen Justiz

Wuppertal · Wohin der Nachlass des getöteten Wuppertaler Unternehmerpaares Springmann geht, ist noch nicht komplett geklärt.

Beinahe drei Jahre sind seit dem Doppelmord am Unternehmerpaar Springmann vergangen.

Foto: Fries, Stefan (fri)/Fries, Stefan (fr)

Am Freitag trafen sich wieder einmal Juristen in Sachen Springmann: In der kurzen Verhandlung ging es um den Umgang mit dem Nachlass von Enno Springmann. Er soll vor unberechtigtem Zugriff geschützt werden. Denn noch immer sind einige Fragen zum Erbe, das einen Wert von 80 Millionen Euro haben soll, zu klären.

Das Unternehmerpaar Christa und Enno Springmann wurde am 19. März 2017 in seinem Haus in Ronsdorf getötet. In einem langen Indizienprozess hat das Landgericht 2018 den Enkel wegen Totschlags und Mordes seiner Großeltern zu lebenslanger Haft verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Das Gericht war überzeugt davon, dass der damals 25-Jährige seinen Großvater im Streit tötete, danach seine Großmutter ermordete, um seine Tat zu verdecken.

Zur Überraschung der meisten Beobachter sprach das Landgericht den mit angeklagten fast zwanzig Jahre älteren Geschäftspartner des Enkels frei. Die Staatsanwaltschaft war von einer gemeinsamen Tat ausgegangen, das Gericht befand aber, es sei dem Geschäftspartner nicht nachzuweisen, dass er an der Tat beteiligt war.

Enkel könnte für erbunwürdig erklärt werden

Gegen beide Entscheidungen wurde Revision eingelegt. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte am 8. Januar die Verurteilung des Enkels, hob aber am 9. Januar den Freispruch des Geschäftspartners auf und verwies das Verfahren zur Neuverhandlung ans Landgericht Düsseldorf.

Für das Thema Erbschaft ist entscheidend, dass damit das Urteil gegen den Enkel rechtskräftig ist. Er war von seinem Großvater als Alleinerbe eingesetzt worden. Nach einem rechtskräftigen Urteil wegen der Tötung des Großvaters können mögliche weitere Erben und so genannte Ersatzerben seine Erbunwürdigkeit feststellen lassen und dann stattdessen das Erbe antreten.

Das dürfte vor allem die Enno und Christa Springmann Stiftung sein, die jährlich bis zu drei Wuppertaler Künstler auszeichnet. Sie war in Enno Springmanns Testament als Erbin vorgesehen, wenn der Enkel nicht erbt. An sie könnten dann etwa Bargeld, Grundstücke und Unternehmensanteile fallen. Bei der Entscheidung über die Erb­unwürdigkeit muss sich das Zivilgericht eine eigene Meinung bilden, kann sich aber auf das Urteil im Strafprozess beziehen.

Um die rechtmäßige Weitergabe des Nachlasses sicherzustellen, hatte der Testamentsvollstrecker Sicherungsmaßnahmen ergriffen: eine Vormerkung im Grundbuch gegen einen frühzeitigen Verkauf von Grundstücken und ein Verfügungsverbot gegen den Verkauf von Unternehmensanteilen. Inzwischen hat auch der Stifterverband als Vertreter der Springmannstiftung eine solche Sicherung erwirkt. Damit konnte die erste Sicherung am Freitag für erledigt erklärt werden.

Aber nicht nur um den Nachlass wird gerungen. Der Sohn des ermordeten Paares will zudem, dass sein verurteilter Sohn Waldstücke im Wert von 30 000 Euro zurückgibt, die Christa und Enno Springmann ihrem Enkel – seinem Sohn – einst schenkten. Denn Erben können Schenkungen widerrufen, wenn der Beschenkte den Schenker vorsätzlich getötet hat. Der Sohn klagt als Erbe seiner Mutter. Aus dem Nachlass seines Vaters steht ihm nur ein Pflichtteil zu.

Verteidiger des Enkels wollen Verfassungsklage einreichen

Dieses Verfahren war im September ruhend gestellt worden, bis der Bundesgerichtshof in der Strafsache entschieden hat. Jetzt ist ein neuer Verhandlungstermin für den 5. Juni angesetzt. Sollte die Klage hinsichtlich der Waldstücke erfolgreich sein, könnte der Sohn noch weitere Schenkungen zurückverlangen. Die Springmanns hatten ihrem Enkel zum Beispiel auch Mietshäuser geschenkt.

Derweil geben sich die Verteidiger des Enkels nicht mit der BGH-Entscheidung im Strafprozess des Enkels zufrieden. Da ihrer Meinung nach ihrem Mandanten Grundrechte verwehrt wurden, wollen sie vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Der WDR hatte darüber zuerst berichtet.

Schon bei der Revision hatten die Anwälte argumentiert, die Kammer des Landgerichts hätte einen rechtlichen Hinweis erteilen müssen, dass der Enkel auch als alleiniger Täter verurteilt werden kann. Die Anklage war von einer gemeinschaftlichen Tat ausgegangen. Bei einem solchen Hinweis hätte die Verteidigung darauf eingestellt werden können.

Die Anwälte blicken auch mit Skepsis auf die Neuverhandlung gegen den Geschäftspartner. Möglicherweise komme das Landgericht Düsseldorf zu einer anderen Überzeugung über die Taten als die Wuppertaler Kollegen. So etwas dürfe bei einer so gravierenden Straftat nicht sein. Rechtsanwältin Katharina Rausch erklärte: „Unser Ziel ist eine Neu-Verhandlung auch für den Enkel.“

Die Verfassungsklage müssen sie innerhalb von vier Wochen nach der BGH-Entscheidung einreichen. Bis zu einer Entscheidung rechneten sie mit mehreren Monaten, so Katharina Rausch.

Nach Angaben des Landgerichtssprechers gilt das Urteil gegen den Enkel trotz der Verfassungsklage weiterhin als rechtskräftig. Das würde sich erst ändern, wenn das Verfassungsgericht das Urteil aufheben sollte.