Medienprojekt Wuppertaler Jugendliche drehen Filme über Alltagsrassismus

Elberfeld. · In der Reihe geht es darum, ein Bewusstsein für verletzende Zuschreibungen zu schaffen. Denn viele Jugendliche empfinden sie als gar nicht so schlimm.

Immer wieder wird gegen Rassismus demonstriert. Die Jugendlichen wollen mit ihrer Filmreihe auch auf das Thema Alltagsrassismus aufmerksam machen, der oft nicht ernst genommen wird beziehungsweise über den hinweggelächelt wird.

Foto: dpa/Gregor Fischer

Bezeichnungen wie „Kartoffel“, „Kanake“ und „Flüchtling“ gehören für viele Jugendlichen zu ihrer Sprache dazu. Das Projekt „Alltagsrassismus – Eine Filmreihe über Alltagsrassismus bei Jugendlichen“ greift Diskriminierungen im Alltag auf und zeigt die Sicht von Jugendlichen auf das Thema. In den dokumentarischen Filmen sprechen Jugendliche von ihren eigenen Erfahrungen und schildern, wie sie mit Diskriminierungen und Vorurteilen umgehen.

„Wir haben mit den Interviews in den Schulen angefangen. Dabei stellte sich heraus, dass es einen großen Redebedarf zum Thema Alltagsrassismus gibt“, sagt Tanja Hagedorn, Projektleiterin beim Medienprojekt Wuppertal. Für Jugendliche sind Rassismus und Diskriminierung scheinbar alltäglich. Dabei ist interessant zu sehen, dass die Interviewten rassistische Äußerungen im Freundeskreis häufig dulden oder als Spaß ansehen. Hier setzten die Filmemacher an: „Ziel war es, den Jugendlichen eine Plattform zu geben“, sagt Hagedorn, die den Schlüssel darin sieht, dass die Jugendlichen sich ernst genommen fühlen.

Ein Junge mit schwarzer Hautfarbe berichtet, dass sein Vater ihm gesagt habe, er solle Beleidigungen nicht so ernst nehmen. Ein Mädchen aus Syrien sagt, dass es sie stört, als Landlose bezeichnet zu werden und zwei Mädchen mit schwarzer Hautfarbe können eine ganze Reihe von Schimpfwörtern aufzählen, die sie zu hören bekommen. „Bananenfresser“ ist dabei noch das harmloseste. Aber auch Vorurteile darüber, was Afrikaner gut können, gehören zu ihrem Alltag dazu.

Alltagsrassismus zeigt sich
auf subtile Art und Weise

Wer sich an dieser Stelle fragt, was Alltagsrassismus genau ist, kann in den Dokumentationen einen guten Einblick in die alltäglichen Sticheleien bekommen. „Alltagsrassismus ist subtil. Die Frage ist, ab wann es weh tut“, sagt Hagedorn, die mit zwölf Jugendlichen aus dem Close-Up-Theater in Barmen die Filmreihe gemeinsam erarbeitet hat. „Schon während der Aufnahmen haben die Interviewten gemerkt, dass das Thema ernster als gedacht ist.“ Ziel sei es, mit der Filmreihe eine Reflexionsgrundlage zu schaffen, so Hagedorn.

Aus den beiden Dokumentationen entwickelten die Jugendlichen gemeinsam mit den Projektbetreuerinnen Dilara Baskinci und Charlotte Arndt das Drehbuch für einen Spielfilm. Die jugendlichen Schauspieler aus dem Close-Up-Theater haben dazu aus den Dokumentationen Charakter entwickelt. „Daraus hat sich das Drehbuch quasi selbst geschrieben“, sagt Hagedorn. Der Kurzspielfilm „Su“ handelt von einer Gruppe von Jugendlichen mit unterschiedlichem ethnischem Hintergrund. Auf einer Party werden sie mit ihren kulturellen Konflikten und Vorurteilen konfrontiert.

Die Handlung: Su, die neu in der Klasse ist, wird zu einer Geburtstagsparty eingeladen. Auf der Party merkt sie schnell, dass sie als Neue mit Vorurteilen bezüglich ihrer Herkunft zu kämpfen hat. Schnell wird sie von den anderen in Schubladen gesteckt. Die Einzige, die sie nicht verurteilt, ist die Außenseiterin Kathi. Als Kathis rechter Freund Steve auf der Party auftaucht, eskaliert die Situation.

Ein anderer Handlungsstrang ist die Liebesgeschichte von Ilayda und Yusuf, die an unterschiedlichen Erwartungen zu scheitern droht. Ilayda will sich konservativer darstellen als sie ist, um eine „gute Frau“ zu sein und Yusuf zu gefallen.

„Mich hat das Projekt interessiert, weil das Thema Alltagsrassismus ausartet“, sagt Helin Altundal, die im Film die Muslima Ilayda spielt. Früher hätten sich Gruppen eher über Musik definiert, heute geschehe das eher über den Migrationshintergrund. Meri Khachatryan, die die Su verkörpert, findet, dass jeder Mensch Alltagsrassismus kenne, weil jeder in eine Schublade gesteckt werde. „Der Film führt einem viele Themen vor Augen“, sagt die 17-Jährige. Die Wortwahl sei oft unbewusst, aber: „Jeder Mensch sollte sich Gedanken machen, was er sagt und ob er damit jemanden verletzt.“