Wuppertaler Rapper kämpfen für die Kultur
WZ-Interview: David Mehlmann, Tim Bredt und Christian Sietler machen mit ihrem Song „Wuppertal stirbt“ auf die Lage der Stadt aufmerksam. Sie plädieren für den Erhalt von Schauspielhaus, Bädern und Bibliotheken.
Wuppertal. "Wuppertal stirbt" heißt Ihr neuestes Video, das den Zustand der Stadt in düstersten Farben malt. Geht es Wuppertal so schlecht?
David Mehlmann: Ganz klar! Schon allein, dass jetzt unser Wahrzeichen, die Schwebebahn, wieder stillsteht - obwohl der Umbau seit acht Jahren abgeschlossen sein sollte. Dazu kommt, dass die Stadt pleite ist. Trotzdem sollen 30 Millionen allein von der Stadt in den Döppersberg investiert werden. Auf der anderen Seite will die Stadt noch mehr Bäder schließen - vom Schauspielhaus ganz zu schweigen. Pina Bausch würde sich im Grab umdrehen.
Mehlmann: Ganz klar! Ein Theater gehört zur Kulturlandschaft einer Stadt unbedingt dazu.
Tim Bredt: Und selbst, wenn wir jetzt nicht so oft da sind - in 20, 30 Jahren wären wir es vielleicht. Aber hat Wuppertal dann überhaupt noch ein Theater?
Mehlmann: Der Oberbürgermeister hat sich im Oktober nach fünf Jahren wiederwählen lassen. Dass Wuppertal pleite ist, ist aber schon viel länger bekannt. Die Frage ist doch: Warum legt er erst nach seiner Wiederwahl dieses Sparpaket vor? Das hätte viel eher kommen müssen. Aber er hat es nicht getan, weil er sein Amt behalten und sich weiter in seinem dicken Mercedes durch die Stadt fahren lassen möchte.
Wenn Sie den Oberbürgermeister so angehen, riskieren Sie natürlich, dass Sie sich für die Stadt als Gesprächspartner disqualifizieren - ursprünglich sollte Herr Jung ja hier mit am Tisch sitzen, hat sich aber wegen Ihrer drastischen Äußerungen anders entschieden. Ist sowas nicht kontraproduktiv angesichts der ernsten Anliegen, die Sie haben?
Mehlmann: Manchmal ist es erst die drastische Wortwahl, die dafür sorgt, dass überhaupt meine Stimme gehört wird, auf die sonst niemand achtet. Ich mache seit Jahren Songs über Wuppertal, auch in wirklich schöner Sprache - davon können Sie sich selbst überzeugen. Ansonsten bin ich sicher, dass Herr Jung ohnehin nicht mit uns geredet hätte. Ich habe eine Freundin, die im Kindergarten an der Blutfinke arbeitet. Als die Erzieherinnen im vergangenen Jahr vor dem Rathaus gestreikt haben, ist der Oberbürgermeister auch nicht herausgekommen. Herr Jung behauptet, volksnah zu sein - aber ihm fehlt meiner Meinung nach die Bereitschaft, sich mit den Menschen in seiner Stadt auseinanderzusetzen.
Mehlmann: Ich hänge an dieser Stadt - deshalb wollen wir etwas tun. Im Gespräch ist mit einer der Kultureinrichtungen der Stadt eine größere Benefiz-Konzert-Veranstaltung. Aber dazu kann ich noch nicht mehr sagen.
Mehlmann: Nein. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Rapper als Gesprächspartner nicht ernst genommen werden. Da denkt alles immer an das Image von Goldkettchen und Knarre.
Christian Sietler: Ein Beispiel dazu: Ich habe mal für eine Initiative einen Rap gegen Kindesmissbrauch gemacht und den dem Deutschen Kinderschutzbund angeboten. Da kam die Antwort: Danke, wir konzentrieren uns lieber auf Info-Broschüren. Die jungen Leute aber, die die Zukunft dieser Stadt sind, die lesen keine Broschüren. Wir machen sie auf das Thema aufmerksam.
Mehlmann: Und wenn ich den Song ins Internet hochlade und der wird in einer Woche 2500-mal angeklickt...
Bredt: Dann zeigt das doch, dass wir bei den Leuten, die sich sonst eher weniger mit Politik auseinandersetzen, ausgelöst haben, dass die mal darüber nachdenken, wie es Wuppertal geht. Und das wird höchste Zeit.
Mehlmann: Klar - aber an den richtigen Stellen. Wenn man zum Beispiel das Wupperufer sieht, das in Barmen mit viel Geld zugänglich gemacht wurde - das darf man jetzt nicht betreten. Ein Irrsinn! Genauso wird für den Döppersberg Geld ausgegeben...
Bredt: Aber was nutzt das, wenn die Bibliotheken oder das Schauspielhaus geschlossen werden?
Mehlmann: Genau können wir es noch nicht sagen. Aber es könnte gut sein, dass wir dann vor dem Rathaus unseren Song singen.