Ferien Wuppertaler Reisebüros verzeichnen Umsatzeinbuße von 80 Prozent

Wuppertal · Die Wuppertaler verreisen auch in Corona-Zeiten gerne - doch die allerwenigsten buchen noch Flüge ins Ausland. Noch akzeptiert werden Ziele wie Griechenland und Kroatien.

Andreas Schröder (vorne) und Michael Hommel im Reisebüro am Laurentiusplatz.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Einige Wuppertaler Reisebüros haben die Türen schon gar nicht mehr regelmäßig geöffnet. Die Corona-Krise hat viele Wirtschaftszweige hart getroffen - die Reisebranche allerdings wurde im Kern erschüttert. Michael Hommel, Inhaber des Reisebüros am Laurentiusplatz, spricht von einem Umsatzrückgang von rund 80 Prozent in den Monaten März bis Juni. Und auch Thomas Weber vom TUI Reisecenter Elberfeld schätzt den Rückgang bei den Reisebuchungen auf 80 Prozent.

Michael Hommel skizziert das Problem: „Die Leute haben im Fernsehen einen vollen Flieger nach Mallorca gesehen und haben Angst.“ Daher würden viele Leute derzeit innerhalb von Deutschland verreisen. „Das Problem ist, dass der Deutschland-Urlaub traditionell am Reisebüro vorbei geht“, sagt Hommel. Da würden sich viele Urlauber einfach selbst mit dem Hotel in Verbindung setzen, unter anderem weil es keine Sprachbarrieren gibt. „Viele wissen aber nicht, dass es beim Veranstalter günstiger ist, weil dort große Kontingente gekauft werden“, wirbt Hommel für den Gang ins Reisebüro.

Spontan-Urlauber haben allerdings schlechte Karten: Mittlerweile müsse man wegen der großen Nachfrage etwa beim Nord- und Ostsee-Urlaub Abstriche machen. „Man muss damit leben, dass man etwas weiter von der See entfernt wohnt - ab zwei Kilometer aufwärts.“ Und Thomas Weber erinnert daran, dass der Urlaub an der deutschen See „noch nie günstig war“. Jetzt noch ein Schnäppchen in diesem Bereich zu finden, sei illusorisch.

Die Verunsicherung der Kunden, was Flugreisen angeht, spiegelt sich auch bei der WZ-Umfrage in der Elberfelder City wider. „Das ist mir im Moment alles zu unsicher“, sagt Sonja Brandt (36), die in diesem Jahr keinen Urlaub gebucht hat. „Es muss nur etwas passieren und schon hängt man irgendwo fest.“ Lediglich einen spontanen Kurztrip innerhalb Deutschlands könne sie sich vorstellen.

Klaus Worring (57) hat zwei Reisen geplant: einmal mit dem Wohnwagen nach Dänemark und einmal mit dem Motorrad bis zu den italienischen Dolomiten. „Ich bin ja viel draußen und im Hotel mache ich mir auch keine Sorgen“, sagt Worring. Nur eine Pauschalreise mit Flugzeug und Bustransfer - die sei für ihn im Moment tabu. Ähnlich sieht das Marmaris Macit (42), der gerade frisch vom Gardasee zurück ist. Vor Ort sei alles ganz diszipliniert abgelaufen. „Die Italiener sind da sehr konsequent.“ Im Hotel sei sogar regelmäßig mit dem Infrarot-Thermometer Fieber gemessen worden. Macit war mit der Vespa unterwegs: „Ich will im Moment die Anreise selbstständig organisieren.“ Schon bald fahre er wieder runter.

Bei Stornierungen erhalten die
Reisebüros keine Provision

Gibt es sie überhaupt noch, die Flugreisenden? Allein für den März 2020 vermeldete das Statistische Bundesamt 62,9 Prozent weniger Fluggäste in Deutschland. Michael Hommel, der seit 35 Jahre im Geschäft ist, sagt: „Nur 30 Prozent derer, die eine Reise gebucht haben, fliegen auch wirklich. Wenn sie denn können.“ Das sei das nächste Problem, fast alle Fluggesellschaften streichen derzeit massiv Flüge. Umso wichtiger sei es jetzt, eine Pauschalreise zu buchen. Dann hätten die Leute wenigstens einen Ansprechpartner, wenn sie im Ausland festsitzen, weil der Rückflug ausgefallen ist.

Diejenigen, die fliegen, würden laut Hommel die Ziele wählen, die nahezu coronafrei sind und in die man problemlos ein- und ausreisen kann. Vor allem sind das Griechenland und Kroation. „Italien ist der große Verlierer“, sagt Hommel. Dabei wisse er gar nicht so recht, woher die Zurückhaltung kommt, denn die Infektionszahlen sind dort inzwischen sehr niedrig. Auch im TUI-Reisecenter hat Thomas Weber eine ähnliche Erfahrung gemacht: „Italien? Da habe ich hier noch keinen einzigen Kunden gehabt.“ Praktisch komplett weggefallen sind Fernreisen.

Die Nerven in den Reisebüros liegen nicht nur angesichts des wirtschaftlichen Einbruchs blank. Es gibt nämlich in Coronazeiten für die Reisebüros trotzdem sehr viel zu tun - ohne Ertrag. Hommel verrät: „Wir hatten viel mit Stornierungen zu tun. Was viele nicht wissen: Wir erhalten nur eine Provision, wenn die Kunden wirklich reisen.“ Ein Mitarbeiter eines Reisebüros, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, schimpfte besonders auf die Kunden, die im Internet gebucht haben - und im Reisebüro anrufen, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist: „Die haben jahrelang das Reisebüro vergessen. Doch wenn nichts mehr läuft, kommt die Erinnerung wieder hoch.“