Diskussionsthema Wuppertaler Schulen dulden „Fridays for Future“-Demos
Wuppertal · Das Schulministerium gibt vor, wie das Fehlen im Unterricht sanktioniert wird. Einige Wuppertaler Lehrer greifen das Thema auf und gehen mit auf die Demos.
Die wöchentlichen Schülerdemos unter dem Motto „Fridays for Future“ spalten Kinder und Eltern, Schüler und Lehrer. Denn die Demos für Klimaschutz finden immer freitags am Vormittag während der Unterrichtszeit statt. Eltern müssen entscheiden, ob sie es gutheißen, dass ihre Kinder den Unterricht für die Klima-Demo schwänzen und Sanktionen in Kauf nehmen. Die Schulen in Nordrhein-Westfalen haben vom Schulministerium Anweisungen erhalten, wie sie mit streikenden Schülern umgehen sollen.
In einer sogenannten Schulmail vom 13. Februar befürwortet das Schulministerium zivilgesellschaftliches Engagement und demokratisches Handeln von Schülern und Schülerinnen. „Politische Bildung, die Gestaltung der Schulkultur und Demokratiepädagogik sind wichtige Aufgaben von Schule“, heißt es weiter. Die Teilnahme an Schülerstreiks während der Unterrichtszeit dürfe nicht auf Kosten des Schulbesuchs gehen und sei deshalb unzulässig. „Die Verletzung der Schulpflicht kann verschiedene Maßnahmen nach sich ziehen“, heißt es aus dem Schulministerium. Unentschuldigtes Fehlen werde im Zeugnis dokumentiert.
In Wuppertal hatte die Ortsgruppe „Fridays for Future“ zuletzt am 15. März eine Großdemonstration organisiert, die nächste Großdemo soll am 5. April stattfinden. In einer Umfrage hat die WZ weiterführende Schulen in Wuppertal gefragt, wie sie damit umgehen, wenn Schüler an den Demonstrationen teilnehmen.
Leere Klassen hat es in keiner der befragten Schulen gegeben. An manchen sind die Klima-Demos gar kein Thema, wie zum Beispiel an den Berufsschulen. Die Schulleiterin des Berufskollegs Elberfeld, Nicola Cohnen, vermutet, dass das möglicherweise daran liegt, dass Auszubildende in einer dualen Ausbildung die Schule besuchen. Schüler der katholischen St. Laurentius-Hauptschule an der Bundesallee haben nach Angaben von Schulleiterin Hildegard Spölmink noch nicht an den Aktionen teilgenommen.
Zwei Wuppertaler Gesamtschulen binden die Demos in den Unterricht ein, als angemeldete Unterrichtsgänge gemeinsam mit Lehrern und Lehrerinnen. „Die Demonstration wird in diesem Zusammenhang inhaltlich vor- und nachbereitet und trägt so zur politischen Willensbildung unserer Schüler bei“, so Schulleiter Lutz Wendel. Dadurch müsse auch kein Unterrichtsstoff nachgeholt werden. Unentschuldigtes Fehlen werde immer gemäß den geltenden Richtlinien behandelt. Eine Häufung an Freitagen sei aber nicht zu beobachten.
„Unsere Lehrerinnen und Lehrer bieten den Schülerinnen und Schülern Projekte zu verschiedensten Themen an und begleiten die Kurse und Klassen dann zu den Demonstrationen“, schreibt Torsten Peters, stellvertretende Schulleiter der Gesamtschule Else Lasker-Schüler. So könne die Schule ausschließen, dass es zu unentschuldigtem Fehlen komme. Diesem werde grundsätzlich nachgegangen.
Den Schulleiterin sind die Hände gebunden
Der Schulleiter des Gymnasiums am Kothen, Claus Wyneken, unterstützt wie viele seiner Kollegen das Engagement der Schüler. „Gleichwohl sind uns Schulleitern ein wenig die Hände gebunden“, so Wyneken und erinnert an die 60er und 70er Jahre, als Jugendliche gegen Atomkraft und den Kalten Krieg demonstrierten. Dafür kassierten nicht wenige Schüler einen Tadel. „Auf diesen Tadel war man richtig stolz, war er doch mit einem wichtigen Statement verbunden“, schreibt Wyneken. Er beurlaube seine Schüler und Schülerinnen nicht, signalisiere ihnen aber, dass sie für eine Sache einstehen, die gut ist und dass die zu tragenden Konsequenzen zunächst nicht schädlich für sie sind.
Wyneken findet, „dass es auch ein Bildungs- und Erziehungsziel für die teilweise doch sehr angepasste Jugend sein kann, Konsequenzen ihres Handelns im Vorfeld abzuwägen und diese Konsequenzen auch zu tragen.“ In den meisten Fällen gehe es um ein paar unentschuldigte Fehlstunden.
„Ich bin der Meinung, dass man für seine Überzeugungen auch mal was riskieren muss. Wer sich erst engagiert, wenn es garantiert ohne persönliche Folgen ist, der wird auch nicht bereit sein, mal auf etwas persönlich zu verzichten, wenn es dem Allgemeinwohl dient“, schreibt Claudia Schweizer, Schulleiterin des Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasiums. „Wir haben früher auch demonstriert, zum Beispiel für die Friedensbewegung oder gegen Atomkraft.“ Dafür haben man auch „Ärger“ bekommen, wenn man in der Schule fehlte. Das wurde aber quasi als Auszeichnung verstanden. Am Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium ziehe unentschuldigtes Fehlen immer einen Tadel nach sich, da die Schule nicht wisse, warum ein Schüler oder eine Schülerin fehlten.