Zweites Gutachten geplant Wuppertaler Stadtwerke bestreiten Sicherheitsproblem bei Schwebebahn

Wuppertal · Das Duisburger Prüfinstitut SLV hatte an Drehgestellen der Wuppertaler Schwebebahn Mängel an der Oberfläche und minimale Risse festgestellt. Ein zweites Gutachten soll nun Gewissheit bringen.

Die vier Drehgestelle pro Bahn verbinden Räder und Wagenkästen mit dem Gerüst.

Foto: Fries, Stefan (fri)/Fries, Stefan (fr)

Bis Ende Januar 2020 wollen sich die Wuppertaler Stadtwerke Klarheit verschaffen, ob und welche Mängel die Drehgestelle an den 31 neuen Schwebebahnen aufweisen. Die WSW haben daher eines von fünf Drehgestellen, das schon mehrere tausend Kilometer im Einsatz war, aus ihrem Ersatzteillager geholt und in kleinere Teile zerlegt, um das Material von einem unabhängigen Gutachter auf seine Beschaffenheit und Belastbarkeit prüfen zu lassen. Dieser Prüfung ging eine Material-Untersuchung durch das Duisburger Prüfinstitut SLV voraus, bei der Mängel an der Oberfläche und minimale Risse festgestellt wurden.

Gegenüber der WZ erklärten die WSW am Freitag erneut, dass sie keine Risiken im laufenden Betrieb sehen. Für Irritationen hat bei den WSW ein Artikel in der Wirtschaftswoche gesorgt, in dem ein nicht genannter „hochrangiger Ingenieur“ der Stadtwerke mit den Worten zitiert wird: „Ich kann es mit meinem Gewissen nicht mehr vereinbaren, dass die Schwebebahn mit solchen Mängeln in Betrieb ist“. Michael Krietemeyer kann diese Äußerungen aus anonymer Quelle nicht nachvollziehen. „Wenn das vom Hersteller Kiepe gelieferte Material gar nicht geeignet wäre, dann hätten wir die Bahn längst stillgelegt“, sagt der technische Leiter der Schwebebahn.

Die Auffälligkeiten an der Oberflächenstruktur eines Drehgestells seien nicht im laufenden Betrieb, sondern eher zufällig im Mai im Ersatzteillager an einem unlackierten Bauteil per Augenschein entdeckt worden, so Krietemeyer. Jede Schwebebahn verfügt über vier Drehgestelle, an denen die Räder und Wagenkästen befestigt sind. Das Drehgestell hat die Funktion, ein Fahrzeug auf gerader Strecke und in den Kurven am Gleis zu führen. Die Drehgestelle der Schwebebahn sind mehrere hundert Kilogramm schwer und auf eine Laufzeit von 30 Jahren ausgelegt.

Ein Blick von oben auf das Gerüst. Auf das Drehgestell wirken starke Kräfte ein.

Foto: Fries, Stefan (fri)/Fries, Stefan (fr)

Auf das Gutachten der WSW soll kein Gegengutachten folgen

Ob sie in der gelieferten Qualität tatsächlich so lange haltbar sein können, wollen die Stadtwerke über das besagte zweite Gutachten prüfen lassen. „Dafür haben wir das eine Drehgestell geopfert. Die Qualität des gelieferten Stahls ist schon sehr hoch, aber wir wollen wissen, ob es die von uns bestellte Qualität ist“, sagt Krietemeyer. Ende Januar werde ein objektives Ergebnis vorliegen und es werde sich zeigen, ob keine, kleine oder große Maßnahmen erforderlich seien. Eine Abhängigkeit von dem Hersteller Kiepe sieht er nicht. Im Falle eins Falles könne der Auftrag für den Bau von Ersatz-Drehgestellen auch an ein anderes Unternehmen erteilt werden. Die nötigen Unterlagen dafür lägen den Stadtwerken vor.

Beim Hersteller Kiepe will man ebenfalls das zweite Gutachten abwarten. „Beide Seiten haben ein großes Interesse an der Sicherheit der Schwebebahn“, sagt Alexandra Bufe, Sprecherin der Knorr-Bremse AG, deren Tochtergesellschaft Kiepe ist. Ein Gegengutachten von Seiten des Herstellers Kiepe sei aktuell kein Thema. „Wir sind in Gesprächen mit den Wuppertaler Stadtwerken“, so Alexandra Bufe.

Im Hintergrund geht es um mögliche Gewährleistungszahlungen und viel Geld. 122 Millionen Euro haben die 31 Schwebebahnen gekostet.