Kommentar Wuppertaler SV vor dem Ruin - Zukunft durch Zerstören

Wuppertal · Der Wuppertaler Sportverein steht vor dem Ruin. Wieder einmal. Und die Chance beginnt da, wo gute Geschichten immer ihren Anfang haben. Sie beginnt ganz unten - ein Kommentar.

Die Anhänger des Wuppertaler SV haben es nicht immer einfach.

Foto: Daniela Ullrich

Der Wuppertaler Sportverein steht vor dem Ruin. Wieder einmal. Die Sünden der Vergangenheit sind in der Gegenwart Schulden geworden. Wieder einmal. Der Verein hat kein Geld mehr, weder dafür, seine Rechnungen zu bezahlen, noch dafür, die alles andere als üppigen Gehälter der Regionalliga-Kicker zu überweisen. Der WSV steht am Abgrund. Wieder einmal. Doch dieses Mal sollte er einen Schritt weiter gehen. Denn nach Lage der Dinge kann nur aus der vollständigen Zerstörung eine neue, bessere Zukunft erwachsen.

Es ist Mitleid erregend, wie hartgesottene Fans, wie eine Handvoll enthusiastischer Verwaltungsräte nach jedem Zipfel greifen, der Hoffnung verheißen könnte, Rettung vor dem Untergang.

Aber der Club ist längst untergegangen. Er versank, als ein paar Traumtänzer vor drei, vier Jahren den vernünftigen Weg verließen, den die sogenannte Initiative 2.0 im Jahr 2013 eingeschlagen hatte. Der ordentlichen Insolvenz folgte ein schwieriger Gang in die Oberliga, und der Oberliga folgte eine weitgehend schuldenfreie und Mut machende Zeit in der Regionalliga.

Bis wieder der alte Fehler geschah: Gier statt Geduld, schneller Erfolg statt nachhaltigen Wachstums. Mit ein paar Euro mehr sollte die 3. Liga erreicht werden. Geblieben sind wieder mehr als eine Million Euro Schulden sowie Gläubiger, von denen nicht jeder den Eindruck erweckt, seinen Beitrag im Ernstfall leisten zu können oder leisten zu wollen.

Ein Kommentar von Chefredakteur Lothar Leuschen.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Solche Situationen sind die Zeit der Lautsprecher, der vermeintlichen Retter, der großen, schwerreichen Gönner, die den Träumern das Paradies versprechen und mit Antworten von gestern auf Fragen von heute reagieren wollen.

Dabei ist der Wuppertaler Sportverein kein Fall für den Weißen Ritter. Niemand gibt dem Club uneigennützig Geld. Dem einen geht es darum, den eigenen Ruhm im Glanz eines großartigen Fußballvereins zu mehren, dem anderen geht es um Genugtuung, um Rehabilitation, um Absolution für die Dinge, die zu seinen früheren Zeiten schlecht, sehr schlecht gelaufen sind. Nur um den WSV geht es diesen Leuten nicht.

Deshalb ist „weiter wie bisher“ die schlechteste aller Ideen. Und die künstliche Beatmung eines Toten ist die zweitschlechteste.

Zukunft durch Zerstören ist vermutlich der anstrengendste, der langwierigste Weg zurück in den Profifußball. Aber er ist anscheinend der einzige. Er kann zehn Jahre dauern und Rückschläge bedeuten. Er kann aber auch die Basis dafür sein, dem Wuppertaler Sportverein eine Geschichte auf den Leib zu schreiben, mit der sich viele Wuppertaler identifizieren und zu deren Happy End viele Wuppertaler bereit sind, einen finanziellen Beitrag zu leisten.

1000 mal 1000 Euro pro Jahr sind auch eine Million, sie sind ein kalkulierbares Risiko für den einzelnen Sponsor und eine große Chance für den Fußballverein. Und die Chance beginnt da, wo gute Geschichten immer ihren Anfang haben. Sie beginnt ganz unten, sie beginnt ohne Herrschsucht und Eitelkeit, sie beginnt mit Herz und Verstand. Sie beginnt durch Neugründung schulden- und skandalfrei in der Bezirksliga oder notfalls auch in der Kreisliga C. Auf geht’s, WSV, so braucht Wuppertal dich!