Wohlfahrt Wuppertaler Wohlfahrtsverbände: „Wir erwarten von Verwaltung und Rat, Schwerpunkte anders zu setzen“
Wuppertal · Die Wohlfahrtsverbände kritisieren, dass der Haushalt für 2020/21 eine zu geringe Erhöhung der Zuschüsse vorsehe.
„Wir brauchen mehr Geld, um die Menschen in Wuppertal aus der Armutsfalle herauszuholen!“ Mit diesem Appell wendet sich jetzt die die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (AGFW) an die Öffentlichkeit. Durch die Inflationsrate und Tarifsteigerungen werde das tatsächlich zur Verfügung stehende Geld seit Jahren weniger. In den vergangenen 20 Jahren seien in 18 Jahren die Gelder für die Wohlfahrtspflege nicht erhöht worden. Die im Haushalt 2020/21 in Aussicht gestellten 100 000 Euro Steigerung für zwei Jahre bedeuten für die 66 betroffenen Einrichtungen einen kaum wahrnehmbaren Zuwachs. Deshalb fordert die AGFW eine Erhöhung der städtischen Zuschüsse um 3,5 Prozent.
„Unsere Dienste werden von fast jedem Wuppertaler irgendwann in Anspruch genommen“, betont Christoph Humburg, Direktor der Caritas. Schon jetzt hat die Schuldnerberatung monatelange Wartezeiten, Jugendzentren müssen ihre Öffnungszeiten einschränken, die Suchtberatung hat ein erfolgreiches Projekt beendet, weil sie die zehn Prozent Eigenanteil nicht bezahlen kann. „Die Realität ist, dass die Menschen nicht sechs Monate warten, sondern gar nicht mehr kommen und resignieren“, warnt Humburg. Ein weiteres Beispiel sei die so genannte Gucci-Gang, die überregionales Medieninteresse hervorrief. Hier erinnert Diakonie-Geschäftsführer Thomas Bartsch daran, dass genau dort vor zwei Jahren eine städtische Jugendeinrichtung geschlossen wurde.
Langfristig sei
Prävention günstiger
Präventive Arbeit sei an vielen Stellen zielführend, um Armut vorzubeugen. Wuppertal habe in Deutschland die zweithöchste Unterbeschäftigungsquote – also mehr Menschen ohne Arbeit als die meisten anderen Städte. Deshalb sei eine soziale Unterstützung hier besonders wichtig. Langfristig sei diese Arbeit sogar billiger: Wenn etwa die Frauenberatungsstelle eine traumatisierte Frau so stabilisiert, dass sie in ein geregeltes Leben und schließlich in einen Beruf findet, kostet das viel weniger als lebenslange Sozialhilfe. „Man kann auch belegen, dass solche Maßnahmen später Geld sparen“, sagt Lutz Middelberg, Geschäftsführer des Paritätischen.
Das Geld dafür ist da, finden die Mitglieder der AGFW. „Der Haushaltsüberschuss für 2019 würde dafür reichen, unser Budget für zehn Jahre zu verdoppeln“, verdeutlicht Bartsch. „Wir erwarten von Stadtrat und Verwaltung, die Schwerpunkte anders zu setzen.“ Die landesweite AGFW hat extra ein Gutachten beim der Universität Bayreuth in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Auch eine Kommune in der Haushaltssicherung ist nicht verpflichtet, ihre freiwilligen Aufgaben (etwa im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe) aufzugeben. Den Kommunen bleibe ein Gestaltungsspielraum, um Verarmung und Verelendung ihrer Bürger vorzubeugen. „Es besteht die Gefahr, dass abgehängte Menschen der Politik nicht mehr vertrauen“, warnt Humburg. Und Awo-Geschäftsführer Frank Gottsmann fordert, lieber vorzubeugen statt erst dann zu handeln, wenn es große Probleme gibt.