Konzert Sinfoniker zeigen die Fülle der Klangwelt
Wuppertal · Beim zehnten Sinfoniekonzert stand die Mundorgel „Sheng“ im Mittelpunkt.
Wu Wei ist international ein gefeierter Star nicht nur auf dem Gebiet der Klassik. Der Jazz ist genauso seine Heimat wie die Weltmusik. Er ist es, der die Sheng jenseits seiner Heimat China hoffähig macht. Komponisten schreiben ihm Stücke auf den Leib. Dazu gehört Enjott Schneider. „Yin & Yang“ lautet sein etwa drei Jahre altes Stück für eben diese etwa 3000 Jahre alte Mundorgel und großes Orchester. Mit diesem Werk, das er damals auch uraufführte, kam der Ausnahmemusiker nun zum letzten städtischen Sinfoniekonzert dieser Saison in den Großen Saal der Stadthalle und erntete große Begeisterung.
Man war baff, welchen großen Reichtum an Klangfarben vom ganz leisen, warmen Piano bis hin zum scharfen Forte er diesem Instrument entlockte. Lyrische Momente wie heftige Rhythmen und schnelle Tonrepetitionen ließ er changieren beziehungsweise stellte sie in Kontrast zueinander getreu dem Werktitel. Das Sinfonieorchester Wuppertal begleitete ihn unter der umsichtigen Leitung von Tung-Chieh Chuang sehr sensibel und konnte die eingängige musikalische Mixtur aus fernöstlichen Klängen und einer europäischen Tonsprache klar zum Ausdruck bringen.
Anhand seiner Zugabe mit seinen improvisatorischen Zügen machte Wei zudem unmissverständlich klar, dass die Sheng auch einen Platz im Jazz verdient hat.
Eingerahmt wurde dieser spannende Auftritt mit russischer Musik. Anfangs beschäftigte man sich mit Alexander Borodin, der „Eine Steppenskizze aus Mittelasien“ anfertigte. Die Verquickung der russischen und asiatischen Themenkomplexe wurde differenziert dargestellt. Außerdem schufen die Sinfoniker schöne musikalische Klanggemälde.
Nicht immer kamen
die Klänge harmonisch an
Schließlich mündete der Vormittag in Pjotr Iljitsch Tschaikowskys fünfter Sinfonie in e-Moll (op. 64). Hier wie auch bei Schneider und Borodin überzeugte Chuang als ein handwerklich reifer Dirigent, der vorausschauend absolut präzise und zuverlässig das Orchester mit einem stets ausgewogenen Klangbild durch die Partituren lotste. Außerdem hatte er den musikalischen Gehalt der Werke tief ausgelotet. Er konnte beispielsweise Tschaikowskys Ringen mit dem Schicksal und seine Kämpfe damit durch Düsternisse und Träume vom Glück bis hin zum Triumph und Sieg sehr emotional, hochmusikalisch und mit großen Spannungsbögen versehen plausibel vermitteln.
Ein kleiner Wermutstropfen bleibt trotz der ansonsten hörenswerten Matinee: Nicht immer spielten die Orchestergruppen so harmonisch wie gewohnt. Etwa recht neu sind hin und wieder Einsätze, die einem Echoeffekt nahe kommen. Auch Pizzicati (gezupfte Töne) hat man schon wesentlich synchroner gehört.
Das Konzert wird am Montag, 24. Juni, um 20 Uhr wiederholt. Eine Stunde vorher gibt es eine Konzerteinführung mit Lutz-Werner Hesse.