130 Jahre WZ in Wuppertal WZ-Leser im Elberfelder Verwaltungshaus: Mit dem Paternoster zu ganz neuen Perspektiven
WZ-Leser durften sich im Elberfelder Verwaltungshaus ein bisschen wie der Kaiser fühlen und der Turmuhr beim Ticken zusehen.
Wuppertal. Das Elberfelder Verwaltungshaus kennt Regina Sohnius gut — schließlich gehörte sie jahrelang zum Ordnungsdienst der Stadt. Aber auf dem Balkon zum Neumarkt stand sie noch nie, ebenso wenig auf dem Turm. Diese neuen Ausblicke, ein paar Einblicke und zahlreiche historische Informationen bekamen sie, ihr Mann Harald und weitere Besucher der insgesamt fünf Führungen durch das Haus zum WZ-Geburtstag.
Reiner Rhefus vom Historischen Zentrum erläuterte die Geschichte des Gebäudes, das im Jahr 1900 von Kaiser Wilhelm II. eingeweiht wurde — gleichzeitig mit Schwebebahn und Barmer Ruhmeshalle (heute Haus der Jugend). Wie der Kaiser durften die Besucher auf den Balkon in der ersten Etage treten. Bei einigen Gruppen stimmte sogar das Wetter: Damals sei es ebenfalls sehr nass gewesen, berichtete Rhefus. Daher sei die Dekoration zum Kaiserbesuch sehr durchnässt gewesen.
Das Gebäude mit seinen Verzierungen habe dem Zeitgeist entsprochen und das Selbstbewusstsein des Bürgertums gezeigt, das Elberfeld zur Blüte gebracht habe: „Der Stil der Neorenaissance erinnert an die Renaissance, die Zeit, in der Bürger erstmals in der Geschichte zur Macht kamen“, erläuterte Reiner Rhefus.
Die Porträts im Eingangsportal zeigten auch keine Fürsten, sondern Sinnbilder der wichtigen Berufe der Stadt wie Färber, Weber und Metallarbeiter, aber auch Juristen, Apotheker und Architekten.
In die höheren Etagen ging es mit dem Paternoster. Erläuterungen dazu brauchten die Besucher nicht: „Als Kinder sind wir oben ’rum gefahren“, bekannte eine Teilnehmerin — und viele nickten. Groß war deshalb die Begeisterung, den Antrieb des Aufzugs von oben zu sehen: Eine armdicke Gliederkette zieht die Holzkabinen ruckelnd durch die Etagen. „Herrlich!“, so ein Kommentar.
Vorher ging es in die erste Etage mit den einst repräsentativen Sälen. Heute sind sie mit weißen Wänden, schlichten Schränken und modernen Lampen sehr nüchtern. Rhefus zeigte Bilder der einstigen Pracht im Kaisersaal, im Trauzimmer und im Bergischen Saal mit Wandgemälden und Kronleuchtern sowie den ehemaligen Sitzungssaal mit geschnitzten Tischen und Stühlen im Halbkreis. Er erklärte, dass 1900 nur 20 000 Männer der insgesamt 160 000 Einwohner den Stadtrat wählten — nur sie hatten genug Einkommen, um wählen zu dürfen. Und ihre Stimmen zählten — je nach Einkommen — mehr oder weniger.
Schließlich ging es mit Stefan Quett vom Gebäudemanagement hinauf auf den Turm. Der Weg führte am Uhrwerk der Turmuhr vorbei, das zwar in einem Schrank geschützt ist, durch dessen Glasfenster aber das komplizierte Räderwerk in Aktion zu sehen ist.
Der Rundgang um den Turm auf 62 Meter Höhe erlaubt eine ganz neue Perspektive auf Kirchen und andere markante Gebäude der City. „Toll!“, fand Regina Sohnius. Die Aussicht vom Turm gefiel ihr am besten. Ihren Mann faszinierte die Technik von Uhr und Paternoster. Das Ehepaar Rümker hatte ähnliche Favoriten — und die Bilder der alten Säle. „Es ist interessant zu wissen, wie wunderbar diese Säle waren“, sagte Silke-Ursula Rümker.