WZ-Redakteur bringt als Santa Claus Geschenke
WZ-Redakteur Manuel Praest warf sich zum Weihnachtsfest vor einem Jahr für die Familie in das rote Kostüm — und überzeugte zumindest die kleinen Kinder.
Natürlich gibt es Leute, die sagen, der Weihnachtsmann existiert ja gar nicht. Und dann die, die noch weiter gehen und behaupten, er sei sogar eine Erfindung von Coca-Cola. Wenn, dann bringe gefälligst das Christkind die Geschenke. Oder, wenn es doch ein etwas korpulenter Mann in rotem Dress sein soll, zumindest der Nikolaus. Obwohl der ja eigentlich weder dick ist, noch in rot herumläuft. Ich sage dagegen: Es gibt den Weihnachtsmann. Ich bin nämlich der Weihnachtsmann. Zumindest am Sonntagabend.
Zum dritten Mal in meinem Leben schlüpfe ich in das Kostüm. Tradition kann man das noch nicht nennen, aber es wird ja. Wie es zum ersten Auftritt kam? Schuld ist eine Schnapsidee meiner Schwester. Die erzählte, dass meine Nichte ganz toll ein Gedicht gelernt hätte, dass sie unbedingt dem Weihnachtsmann vortragen wolle. „Willst du den nicht spielen? Den Bauch hast du ja schon“, konnte sich meine Schwester den Seitenhieb nicht verkneifen.
Angesichts unserer gemeinsamen Kindheitserfahrung — ein Onkel machte mal den Weihnachtsmann und wurde schon beim Hereinkommen von uns „enttarnt“ — lehnte ich erstmal ab. Nee, bloß keine Blamage. Sanfter Druck meiner Eltern — „Du machst das, sonst gibt es für dich an Heiligabend ein vegetarisches Essen und keinen Nachtisch“ — stimmte mich dann aber schnell um. Auch der Einwand von mir, mein Vater hätte ja Bauch UND weißen Bart, verhallte ungehört.
Meine einzige Bedingung: Ich muss mich um nichts kümmern — in der Hoffnung, keiner schafft es, in der Hektik vor den Tagen, ein Weihnachtsmannkostüm zu besorgen. Meine Schwester spielte da leider nicht mit, scheute keine Kosten und Mühen und kam pünktlich mit einem Dress an, bei dem sich vom Bart schon beim Rausnehmen aus der Tüte Flocken lösten. Sehr schlau, dachte ich, die liefern gleich den Schnee mit. Auch der Rest der Arbeitskleidung machte keinen besonders vertrauensvollen Eindruck. Probetragen war aber nicht drin, wurde mir deutlich gemacht. „Sonst machst du das nur kaputt.“
Und dann war er da, der große (Heilig-)Abend 2016. Meine Nichte trug mir nach dem Essen — noch als Onkel Manu — dreimal ihr Gedicht vor. „Da wird sich der Weihnachtsmann aber freuen“, sagte ich, so stolz, wie man als Patenonkel nur sein konnte. Mein Sohn, damals eineinhalb Jahre alt, war auch schon ganz gespannt auf den „Mann“. Das „Weihnachts“ bekam er noch nicht so über die Lippen. Also verabschiedete ich mich nach oben, um mich heimlich umzuziehen.
Besonders dehnbar war die Hose nicht, merkte ich schnell, und auch das Oberteil spannte etwas. Muss am Weihnachtsessen gelegen haben. Also bloß keine ruckartigen Bewegungen — wobei die von einem Weihnachtsmann auch eher selten kommen dürften. Ein Volltreffer war dafür der Bart. Ich fühlte mich wie ein anderer Mann, eben der Weihnachtsmann. Wenn der Auftritt nicht ewig dauern würde, blieben bestimmt auch noch ein paar Flocken in meinem Gesicht kleben. Schnell noch den Sack mit den Geschenken gegriffen — von wegen, die bringt das Christkind — und ab nach unten.
Stilecht mit einer Glocke kündigte ich mein Kommen an. Die Familie wartete schon im Wohnzimmer — mit meiner ziemlich erstarrten Nichte und meinem staunenden Sohn. Um es kurz zu machen: Viel Dialog war mit den beiden nicht möglich. Mehr als „Lieber guter Weihnachtsmann“ bekam meine Nichte nicht raus. Den Rest des Gedichts hatte die Zweijährige in der ganzen langen Zeit, seitdem ich mich zum Umziehen verabschiedet hatte — also in gut fünf Minuten — vor Aufregung komplett vergessen. Ja und mein Sohn hatte eigentlich nur Augen für den Bart. Wer dahinter steckte, das merkte ich schnell, darauf würden die beiden an diesem Abend vor lauter Ehrfurcht garantiert nicht kommen. Also verteilte ich ein paar Geschenke, gab komische Geräusche von mir, die ein „Ho, Ho, Ho“ darstellen sollten und verabschiedete mich mit dem Hinweis an die beiden Kleinen, sie mögen Onkel und Papa vom Weihnachtsmann grüßen.
Zumindest das behielten sie. Jedenfalls wurde ich ein paar Minuten später, als ich wieder in Zivilkleidung im Wohnzimmer auftauchte, mit einem lauten „Der Weihnachtsmann war da“ begrüßt — und dem Gedicht meiner Nichte, das ihr spontan wieder eingefallen war.