Kirche Zahl der Kirchenaustritte stagniert
Gemeinden verzeichnen aber weiterhin Verluste bei den Mitgliederzahlen.
Ob evangelisch oder katholisch — Jahr für Jahr kehren zahlreiche Menschen der Kirche den Rücken. In Wuppertal traten im vergngenen Jahr mehr als 1000 Mitglieder aus ihren Gemeinden aus, 479 katholische und 695 evangelische. Im Vergleich zu den Austrittszahlen der Vorjahre hat sich die Lage allerdings stabilisiert.
„Stand Juli 2018 haben wir bislang 330 Austritte“, berichtet Eduard Urssu, Pressereferent des katholischen Stadtdekanats, für das aktuelle Jahr. Fusionen mehrerer Gemeinden, wie sie zuletzt in Solingen durchgeführt wurden, seien allerdings vorerst nicht geplant. Die Zahl der Austritte sei auf einem hohen Niveau stagniert, fügt Pastoralreferent Werner Kleine hinzu. „Die Quote ist nicht mehr so hoch wie 2009 und 2010, aber auch lange nicht mehr so niedrig wie zu Anfang der 2000er Jahre.“ Nach dem Missbrauchsskandal sei 2009 in ganz Deutschland ein schlimmes Jahr für die katholische Kirche gewesen, das nächste Tief folgte in Wuppertal 2014 mit 638 Austritten. Danach ging die Zahl langsam wieder zurück: „2015 waren es 500 und 2016 noch 491 Austritte“, erinnert sich der Pastoralreferent.
Inzwischen habe sich die Anzahl bei etwa 30 bis 40 Austritten pro Monat eingependelt. Das entspräche lediglich 0,6 bis 0,7 Prozent der Katholiken in Wuppertal, relativiert Kleine die Zahlen. „Es ist nicht so, als würden uns die Leute in Scharen wegrennen“, sagt er, es gebe schließlich immer noch 75 000 Katholiken in Wuppertal. Weiter gibt er zu denken, dass etwa zehn Prozent der Austritte einem Konfessionswechel dienen, also von einem anderweitigen Eintritt gefolgt sind. „Rechnet man die Todesfälle heraus, haben wir sogar mehr Eintritte als Austritte, die negative Bilanz ergibt sich erst durch die Anzahl der verstorbenen Mitglieder.“ Davon gebe es in jedem Jahr aufgrund des hohen Durchschnittsalters der Gemeindemitglieder immer mehr. Es fehle der Nachwuchs
Dasselbe Problem zeigt sich auch innerhalb der evangelischen Gemeinden, wie Pfarrer Werner Jacken, Leiter des Öffentlichkeitsreferats der evangelischen Kirche in Wuppertal, berichtet: „Unser Hauptproblem ist immer noch der demografische Wandel“, so Jacken. „Wir sind einfach überaltert und verlieren die meisten Mitglieder durch Sterbefälle. Das wird auch in Zukunft unser größtes Problem bleiben.“ Das sei kein reines Problem der Kirche, sondern entspreche einfach der Altersstruktur der Bevölkerung. 2075 Todesfälle habe es im vergangenen Jahr unter den evangelischen Gemeindemitgliedern gegeben. Diese Verluste konnten auch die 146 Eintritte und 546 Taufen, die 2017 verzeichnet werden konnten, nicht aufwiegen.
Insgesamt liegt die Quote für den Mitgliederschwund bei der evangelischen Kirche in Wuppertal bei etwa 1,9 Prozent, was nur minimal über dem Prozentsatz der EKD (Evangelische Kirche in Deutschland) liegt. Stand Januar 2018 gibt es immer noch rund 95 000 Mitglieder evangelischer Gemeinden in Wuppertal. „Die Zahl der aktiven Austritte geht sogar zurück“, schließt Werner Jacken sich seinem katholischen Kollegen Kleine an. „Aber natürlich ist weiterhin jeder Austritt einer zu viel.“
Auch Werner Kleine sieht die Ursache für den Mitgliederschwund nicht in erster Linie in einer bewussten Abkehr von der Kirche: „Etwa 80 Prozent der Gläubigen verlassen die Kirche, weil ihr Steuerberater ihnen das empfohlen hat“, sagt er. „Nur 20 Prozent treten aus inneren Überlegungen zu ihrem Glauben aus, oder weil ihnen nicht gefiel, was der Papst oder der Pfarrer gesagt haben.“