Verkehrswende Zukunftsfähige Mobilität: Wie wird die Straße gerecht aufgeteilt?
Felix Huber (Bergische Uni) und Hannelore Reichl (Stadt) diskutierten im Videostream über Aspekte zukunftsfähiger Mobilität. An Radfahrer und Fußgänger müsste bei der Verkehrsplanung zuerst gedacht werden, so die Theorie von Huber.
Wie verteilen wir den Verkehrsraum? Darum ging es im Transformationstandem am Dienstag. Zum ersten Mal fand die Veranstaltung zur „zukunftsfähigen Mobilität in Wuppertal“ online statt – statt in der City Kirche. Corona fordert eben auch in der Diskussionslandschaft der Stadt seinen Tribut. Das sollte aber das Format nicht beeinträchtigen. Zeitweise waren mehr als 60 Teilnehmer online, um beim Anbieter Zoom die Vorträge der Experten aus Wissenschaft und Praxis zu hören und parallel im Chat zu diskutieren.
Technische Schwächen fielen nicht ins Gewicht
Am Dienstag waren Professor Felix Huber (Umweltverträgliche Infrastrukturplanung) von der Uni und Hannelore Reichl, Leiterin des Ressorts Straßen und Verkehr bei der Stadt, dabei. Die beiden zeigten sich dem Publikum vor einem Bild der City Kirche. Hannelore Reichls Haare verschwammen immer wieder mit dem Hintergrund. Felix Huber musste sich den Tonkanal kurz mit jemand anderem teilen, dessen Mikrofon anging. Kleine technische Schwächen, die nicht weiter ins Gewicht fielen. Die Vorträgenden waren gut zu verstehen. Und die gezeigten Präsentationen waren direkt auf dem eigenen Bildschirm zu verfolgen.
Inhaltlich war es spannend. Felix Huber referierte zur postfossilen Mobilität, also der Fortbewegung ohne fossile Brennstoffe, ohne Überschuss an CO2. Er beschrieb den Weg von der Mobilität vor dem Auto zu unserer heutigen Fortbewegungskultur und die Folgen für die Stadt. Dabei zeigte er interessante Details und Entwicklungen. So war 1905 die Straße noch für Autos, Reiter, Kutschen offen – aber Radwege und Fußwege jeweils nur für genau die benannten Nutzer reserviert. Das änderte sich in den 1930er, als die Straßen den Autos übergeben wurden. „Die Straße hat man leichtfertig dem Individualverkehr geopfert.“ Denn der Verkehrsraum könne mehr sein. Huber zeigte ein Bild einer Wohnstraße aus den 1950ern, auf der das Leben der Anwohner im Vordergrund stand, und eines einer Autostraße heute.
Huber sprach über die Umverteilung des Platzes – früher habe man eine Straße gebaut und geguckt, was am Rand überbleibe. Heute müsste man vom Rand, von den Radfahrern und Fußgängern, planen, um dann zu sehen, was dem Auto bleibt. Jedenfalls theoretisch.
Er nannte als Beispiel die Staubenthaler Straße, die zwar neu gemacht worden sei, aber eben genau wie vorher mit Parkplätzen am Straßenrand statt eines Radweges. Für Huber führt kein Weg an einer Umgestaltung des Verkehrsraumes vorbei, um den Raum fairer zu verteilen, weniger Unfälle zu haben und mehr Lebensqualität.
Die Verwaltung schlägt vor, die Politik stimmt ab
Reichl stimmte Huber weitgehend zu – verwies aber mehrfach darauf, dass die Verwaltung nur Vorschläge machen könne, aber an die Entscheidungen der Politik gebunden sei.
Sie referierte über die Entwicklung der Stadt und des Verkehrsraums. Und darüber, dass wir heute mit dem vorhandenen Platz umgehen müssen. „Wie verteilen wir den Raum?“ Es gehe um Straßen und Radwege, aber auch um Parkflächen, die vielfach im öffentlichen Raum gefunden würden. Aber: „Parken im Verkehrsraum heißt nichts anderes, als den Verkehrsraum als Abstellraum zu nutzen.“ Ein Abstellraum, der anderweitig genutzt werden könne. Deswegen müsse die Stadt in den nächsten Jahren darüber nachdenken, wie weniger Autos in den Wohnvierteln, auf den Gehwegen abgestellt würden. Das Problem kennt Reichl aus eigener Erfahrung. Sie hat lange Jahre auf dem Ölberg gelebt.
Dass sich etwas ändern kann, zeigte Reichl am Beispiel der Nordbahntrasse, die viel in den Köpfen bewegt habe, aber auch am Beispiel der B7. Bis vor einigen Jahren sei es nicht denkbar gewesen, Straßen für Veranstaltungen zu sperren. Das sei heute selbstverständlich. Auch die Sperrung der B7 wegen des Döppersberg-Umbaus sei schwer durchzusetzen gewesen. Aber es habe sich im Nachhinein gezeigt, dass der Verkehr sich anpasst an die Gegebenheiten, die geschaffen werden.