Wuppertaler Auslese Zwischen Eis und Magie: Hinter den Kulissen von „Die Schneekönigin“ mit Stefanie Smailes
Wuppertal · Eisige Welten, magische Freundschaften und starke Botschaften: Stefanie Smailes schlüpft in die Rolle der Schneekönigin und bringt Hans Christian Andersens Klassiker auf die Wuppertaler Bühne. Ein Märchen, das berührt und zum Nachdenken anregt.
Der Vorhang hebt sich, wie ein Portal, das geradewegs in eine verzauberte Welt aus Eis und Schnee führt. Der kleine Kay und Gerda sind beste Freunde, unzertrennlich. Doch das Böse lauert. Zwei Splitter eines vom Teufel verzauberten Spiegels treffen Kay ins Auge und ins Herz, machen ihn blind für das Schöne der Welt und lassen sein Herz zu einem Klumpen Eis gefrieren. Die Schneekönigin verschleppt Kay in ihren Eispalast – und Gerda macht sich auf die epische Reise, um ihren Freund zu retten.
Nachdem sie bereits im vergangenen Jahr in „Cinderella“ die böse Stiefmutter gespielt hat, ist die Wuppertalerin Stefanie Smailes nun als Schneekönigin im gleichnamigen Stück nach Hans Christian Andersen zu sehen. Sie teilt sich den Part mit Julia Meier. „Sowas Böses zu spielen, das tut manchmal gut“, erzählt sie. „Da kann man mal alles rauslassen, was man im normalen Leben nicht tut. Und ich finde, die Schneekönigin ist anders böse als die Stiefmutter“, so Smailes. Die Schneekönigin sei eher neutral, einfach ein Wesen aus Eis und Schnee – das vielleicht genau deshalb eine Verbindung zu Kay fühlt?
Wer an die Schneekönigin denkt, der mag vielleicht zunächst die Disney-Variante „Die Eiskönigin“ vor Augen haben. Zwei verschiedene Paar Schuhe, zwei unterschiedliche Geschichten, die eine nicht weniger magisch als die andere. „Ich glaube, dass wir eine Version geschaffen haben, die trotzdem verzaubert“, ist sich Smailes sicher.
Das liebevoll gestaltete Bühnenbild, die traumhaften Kostüme, die Schauspielerinnen und Schauspieler der Wuppertaler Bühnen und des inklusiven Schauspielstudios hauchen der Geschichte Leben ein, verwandeln die Bühne in einen Ort der Magie. Rentier, Blume, Fliegenpilz – die Darsteller haben teils nur eine Minute Zeit, um das Outfit zu wechseln. „Ich habe auch sehr schnelle Umzüge, gerade den letzten, da gehe ich als Finnin ab und bleibe quasi auf der Bühne, werde auf der Bühne umgezogen zur Schneekönigin und muss schon aus dem Off, also nicht sichtbar, mit Kay sprechen, während ich noch Wimpern geklebt kriege“, erzählt sie lachend.
Das Original von Hans Christian Andersen ist 1844 veröffentlicht worden, gilt als eines seiner komplexesten und kompliziertesten Märchen. „Unsere Interpretation ist wahnsinnig kindgerecht und zugänglich“, so Smailes. „Wenn man das im Original liest, ist es deutlich härter und düsterer als die Version jetzt“. Dennoch ist die Botschaft unverändert. „Freundschaften nicht zu schnell aufzugeben, sondern sich treu zu sein und an der Liebe festzuhalten – ich hoffe, dass es das ist, was Kinder danach bestimmt nicht formulieren können, aber vielleicht spüren“, sagt sie. Ebenso könnten Erwachsene auch etwas von der Inszenierung mitnehmen, könnten sehen, „dass nicht immer die Welt schuld an allem ist, sondern manchmal der Splitter im Auge“. Der Splitter, der die Menschen daran hindert, das Schöne zu sehen, das Glück im Alltäglichen zu finden.
„Die Wuppertaler sind einfach coole Leute – und authentisch“
In ihrer Familie mit zwei kleinen Kindern ist Lesen und Vorlesen ein großes Thema und ein tägliches Ritual. Dennoch werden die klassischen Märchen daheim weniger thematisiert. So steht sie etwa dem Motiv der bösen Stiefmutter oder der bösen Stiefgeschwister, die oft in Märchen auftauchen, eher kritisch gegenüber: „Das ist überhaupt nicht zeitgemäß in einer Welt, in der es so viele Patchworkfamilien gibt“, in der solche Familienkonstellationen Alltag und normal sind. „Die Werte, die da erzählt werden, sind oft nicht mehr meine Werte, die ich meinen Kindern mitgeben möchte.“ Deshalb achte sie sehr darauf, „welche Bücher wir auswählen und welche Geschichten ich meinen Kindern erzähle“, berichtet sie. Doch „Die Schneekönigin“ werden ihre Kinder auf jeden Fall sehen.
Ihre Karriere hat die gebürtige Wuppertalerin schon nach Basel, München oder auch Augsburg geführt, doch am liebsten steht sie in ihrer Heimatstadt auf der Bühne. „Die Wuppertaler sind einfach coole Leute, die sind echt, die sind authentisch“, sagt sie. „Es ist natürlich auch so, dass hinter den Kulissen viele Menschen aus Wuppertal sind. Und es ist einfach ein Zuhause“, sagt sie mit einem Lächeln. „Heimatpublikum ist etwas Besonderes. Ich bin immer wieder froh, wenn ich hier arbeiten darf.“
Dabei steht Stefanie Smailes nicht nur auf der Bühne, sondern hat bereits Regie geführt, ein Musikalbum herausgebracht, ist als Inspizientin tätig, wobei sie den ganzen künstlerischen und technischen Ablauf einer Aufführung koordiniert. Aber: „Ich bin am liebsten auf der Bühne. Das habe ich studiert, das wollte ich immer schon machen und damit bin ich auch noch lange nicht fertig.“ Das Geschichtenerzählen sei die Hauptsache, um Menschen zu erreichen – egal ob als Schauspielerin, Regisseurin, Sängerin oder Inspizientin. „Ich erzähle gerne Geschichten. Ich möchte, dass Menschen berührt werden, ob sie lachen oder weinen oder nachdenklich werden. Die Hauptsache ist: Wir machen was mit den Menschen. Dafür ist Theater da.“
Mehr verrät sie in der neuen Folge des WZ-Podcasts „Wuppertaler Auslese“. Er ist überall erhältlich, wo es Podcasts gibt.
Am heutigen Donnerstag, 5. Dezember, ist Stefanie Smailes in der Reihe „Das literarische Solo“ des Wuppertaler Schauspielhauses in der Elberfelder Citykirche zu erleben. Dort liest sie ab 17 Uhr aus adventlichen und vorweihnachtlichen Kurzgeschichten sowie Gedichten. Der Eintritt ist frei.