„Menschen haben Angst vor Ansteckung“ - Familienaufstellerin Miriam Völling hat deutlich weniger Klienten Wuppertalerin leidet auf Mallorca unter Corona
Auswandern ist für viele Deutsche ein Traum. Die Wuppertalerin Miriam Völling hat sich ihren Traum verwirklicht und arbeitet als Familienaufstellerin auf Mallorca. Dort leidet sie aktuell unter der Corona-Pandemie und hat bis zu 70 Prozent weniger Einkommen.
Miriam Völling lebt seit 2005 auf Mallorca. Sie wurde in Wuppertal geboren und besuchte die Gesamtschule in Ronsdorf. Am Hauptbahnhof Elberfeld machte sie zunächst eine Ausbildung zur Notarfachangestellten. Anschließend absolvierte sie eine Ausbildung zur Verlagskauffrau bei der HNA (Hessische/Niedersächsische Allgemeine Tageszeitung).
Seit 2018 arbeitet Völling als Familienaufstellerin auf Mallorca. Sie lernte die klassische Familienaufstellung direkt beim Begründer Bert Hellinger.
Völling ist sich bewusst, dass ihr Beruf nicht immer leicht zu verstehen ist: „Man muss Aufstellungen erleben, um sie zu begreifen.“
Im Mittelpunkt steht ein Klient, der ein Problem hat, bei dem er Hilfe benötigt, um es zu lösen. Zum Beispiel ein Ehemann, den seine Frau verlassen hat. Der Mann berichtet zunächst über seine Gefühle, Sorgen und Ängste und dann beginnt Völling mit dem Aufstellen. Sie positioniert die anderen Teilnehmer dann als Stellvertreter für die Ehefrau, Freunde und Bekannte in der Mitte des Raumes. So nehmen Ereignisse, Emotionen und Wünsche plötzlich eine menschliche Gestalt an. Die Stellvertreter werden dann von Völling aufgefordert, sich neu zu positionieren und dürfen dabei ganz auf ihre eigenen Empfindungen hören.
„Wir befinden uns hier in einem morphogenetischen Feld, das heißt, in einem Bereich, in dem Zeit und Raum keine Rolle spielen. Die Stellvertreter übernehmen in überraschend präziser Form Wissen, Emotionen und körperliche Empfindungen der Person, die sie vertreten“, erklärt Völling.
Psychotherapie mit vielfältigen Einsatzmöglichkeiten
Diese Methode der systematischen Psychotherapie wird nicht nur bei Beziehungsproblemen oder Ärger mit den Eltern angewandt. Auch Themen wie innere Leere, chronische Krankheiten, Stress mit dem Chef oder Unentschlossenheit bei wichtigen Entscheidungen können mit Hilfe des Coaches thematisiert werden.
Die Kosten liegen bei 130 Euro für den Klienten, um deren Problem es geht. Die Stellvertreter, die vorher nicht wissen, in wessen Rolle sie schlüpfen, zahlen 25 Euro.
Die Corona-Pandemie hat Miriam Völling hart getroffen: „Vier Monate durfte ich überhaupt keine Familienaufstellung durchführen. Seitdem kommen nur 25 Prozent der üblichen Teilnehmer aus Angst vor einer möglichen Ansteckungsgefahr. Ich habe rund 70 Prozent weniger Einnahmen.“
Die Maßnahmen sieht Völling mit gemischten Gefühlen: „Ich kann nachvollziehen, dass Risikogruppen einen besonderen Schutz brauchen. Alle anderen Maßnahmen ergeben für mich keinen Sinn.“ So berichtet Völling davon, dass sie auf Mallorca eine Maske tragen muss, wenn sie vom Parkplatz zum Strand läuft, sonst droht eine Strafgebühr von 100 Euro. Am Strand und im Wasser, „wo ich definitiv mit anderen Menschen in Kontakt komme“, gilt jedoch keine Maskenpflicht, was bei Völling auf Unverständnis stößt.
Auch die Schüler leiden auf Mallorca sehr unter der Krise. „Aus der Klasse meiner Tochter konnten über 30 Prozent der Kinder nicht am Fernunterricht teilnehmen, weil sie entweder keinen PC oder kein Tablet zu Verfügung hatten, oder weil die existenzbedrohten Eltern andere Sorgen hatten, als ihre Kinder zu Hause zu unterrichten“, schildert Völling die Situation.
Eine Rückkehr nach Wuppertal ist für Völling schwer vorstellbar, denn sie empfindet „Wuppertal und NRW allgemein als depressiv“. Denn: „In den Bussen sitzen so viele Menschen, die mit Mitte 30 nichts aufregendes mehr vom Leben erwarten. Wenn ich auf Mallorca meine unbekannten Mitmenschen anlächle, kommt fast immer ein Lächeln zurück und oft beginnt ein Gespräch - in Wuppertal ein Ding der Unmöglichkeit.
Trotzdem kommt Völling gerne zu Besuch nach Wuppertal, da fast ihre komplette Familie in Wuppertal wohnt und ihr so „ein Gefühl von Heimat vermittelt“.