Aachener Vollzugsbeamter schweigt: Keine Bilder mit Ausbrechern
Aachen (dpa). Der wegen Fluchthilfe festgenommene Aachener Vollzugsbeamteschweigt weiter beharrlich. „Er macht keine Angaben zu den Vorwürfen“,sagte Oberstaatsanwalt Robert Deller am Mittwoch.
Der 40-Jährige sollden Schwerverbrechern Michael Heckhoff und Peter Paul Michalski bei derFlucht aus dem bis dahin als ausbruchsicher geltenden Gefängnisgeholfen haben.
Das nordrhein-westfälische Justizministerium hatte bei der Festnahmedes Bediensteten am Freitag auf ausgewertete Videoaufzeichnungenverwiesen. Auf dem Video sei der Mann allerdings nicht zusammen mit denbeiden Ausbrechern zu sehen, sagte Deller. Weil der Bedienstete von denKameras wusste, sei er wohl vorsichtig gewesen.
Das Video stamme aus der Eingangsschleuse für Fahrzeuge. „Man sieht denBediensteten auf dem Video nicht mit den beiden Gefangenen. Man siehtnicht, wie er ihnen die Türen öffnet“, gab Deller bekannt. Schattenließen aber vermuten, dass sich Heckhoff und Michalski hinter ihremmutmaßlichen Fluchthelfer befanden.
Der Mann habe gegen Sicherheitsvorschriften verstoßen, indem er einenicht so sichere Tür benutzte und eine Tür sogar hinter sich offenließ.„Er hat wohl gedacht, dass er so mit einem blauen Auge davonkommt“,sagte Deller
Allein mit dem Video sei der Nachweis der Fluchthilfe nicht unbedingtzu führen. „Das spielt aber für unsere Auffassung, wie das abgelaufenist, keine Rolle“, sagte Deller. Auch von der Waffenübergabe gebe eskeine Bilder.
Der Beamte soll die beiden Schwerverbrecher auf dem Weg zur Pfortedurch fünf verschlossene Türen geschleust haben und ihnen dann zweiWaffen und Munition gegeben haben. Der Tatverdächtige war auf dem Wegzur Pforte, weil er dort einen Kollegen vertreten sollte. Der mussteseine Kontrollrunde um die JVA fahren. Der Eingangsbereich ist indieser Zeit mit nur einem Pförtner besetzt.
Ein Freigänger des Aachener Gefängnisses soll den beidenausgebrochenen Schwerverbrechern das erste Flucht-Taxi besorgt haben.Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen 35-Jährigen, der zumZeitpunkt des Ausbruchs mit einem Taxi von seinem Freigangzurückkehrte.
Mit diesem Fahrzeug flüchteten Michael Heckhoff und PeterPaul Michalski zunächst bis Kerpen-Buir, wo sie in ein zweites Taxiumstiegen. „Wir gehen davon aus, dass die Ankunft des Taxis just zudiesem Zeitpunkt kein Zufall gewesen sein kann“, sagte OberstaatsanwaltRobert Deller am Mittwoch.
Der Tatverdächtige war in dem Haft-Trakt untergebracht, in dem auch deram Sonntag festgenommene Heckhoff und der am Dienstag gefasste PeterPaul Michalski saßen. Er verbüßte eine Strafe wegen Einbruchdiebstahls.Der Freigang diente als Vorbereitung auf seine bevorstehendeEntlassung.
Nach der Festnahme der aus dem Gefängnis geflohenenSchwerverbrecher Paul Michalski und Michael Heckhoff sind dieFahndungslisten der Polizei noch lange nicht leer. Gesucht werdenDutzende Kriminelle, von denen oft seit Jahren jede Spur fehlt. So sindzum Beispiel drei ehemalige Mitglieder der terroristischen Roten ArmeeFraktion (RAF) untergetaucht. Gesucht wird auch der verurteilteDoppelmörder Norman Volker Franz, der 1997 aus dem Gefängnis Hagenflüchtete und danach drei Menschen erschossen haben soll. Nach seinerFestnahme 1998 in Portugal gelang ihm abermals die Flucht.
Erst wenige Wochen gesucht wird Björn Pablo Schnieder, der im Sommer inRheinland-Pfalz einen Motorradfahrer getötet haben soll. Schniedersteht wie der Mörder Franz und die Ex-RAF-Mitglieder auf deröffentlichen Fahndungsliste des Bundeskriminalamtes BKA, die zurzeitdie Namen von 24 Verbrechern umfasst. Sie hat keine besondereReihenfolge. Außerdem führen die Landeskriminalämter eigene Listen mitDutzenden weiteren zur Fahndung ausgeschriebenen Verbrechern.
Nach Auskunft des BKA stellt es seine Liste den Landeskollegen zurVerfügung. Die BKA-Liste sei aber keine Aufstellung der kriminellstenSchwerverbrecher Deutschlands. Denn auch die Gesuchten, die nur auf denListen der Landeskriminalämter auftauchen, hätten teils ähnlich schwereTaten begangen. Einträge in die BKA-Liste hingen eher damit zusammen,ob die Ermittler auf die Hilfe der Bevölkerung setzen.