Angeklagter flüchtet aus dem Gerichtssaal
Düsseldorf: Mutmaßlicher Drogenhändler sprintet in Prozesspause aus dem Landgericht. Draußen wartet ein Auto mit laufendem Motor auf ihn.
Düsseldorf. Skandal im Düsseldorfer Landgericht: Ein als gewaltbereit bekannter mutmaßlicher Drogenhändler ist gestern aus einem Verhandlungssaal im Erdgeschoss eine spektakuläre Flucht gelungen. Der 27-jährige Hakim Alamrani schubste während einer Prozesspause eine Wachtmeisterin zur Seite und sprintete aus dem Zuschauereingang in den Innenhof. Eine Handvoll Wachtmeister folgte dem rund 130 Kilogramm schweren Marokkaner. Einen von ihnen rempelte der Flüchtende zu Boden. Der Wachtmeister erlitt Rippenprellungen.
Auch Richter Peter Schütz stürmte dem Mann beherzt hinterher, konnte ihn jedoch nicht mehr einfangen. Ebenso wie ein Polizist, der als Zeuge vernommen werden sollte. Der 27-Jährige sprang in einen schwarzen Golf mit laufendem Motor und fuhr davon. Seitdem fehlt von ihm jede Spur. Nach Angaben der Polizei gab es mindestens einen Fluchthelfer. Zeitgleich mit dem Golf soll ein silberfarbener Mercedes losgefahren sein.
Der 27-Jährige, der seit Oktober in der JVA Düsseldorf saß, ist angeklagt, drei Rauschgifttransporte von Marokko nach Deutschland organisiert zu haben. Einer seiner Kuriere war an der spanischen Grenze mit 20 Kilogramm Haschisch festgenommen worden und hatte seinen Auftraggeber ans Messer geliefert.
Bei einer Durchsuchung der Wohnung seiner Freundin in Solingen fand die Polizei neben 700Gramm Kokain auch ein ganzes Waffenarsenal unter seinem Bett, darunter mehrere Pistolen und eine Pumpgun. Bei einer Verurteilung drohen dem Mann mehr als zehn Jahre Haft.
Die Drogenkammer unter dem Vorsitz von Richterin Birgit Maiworm hat inzwischen beschlossen, das Verfahren gegen den Mann auch in seiner Abwesenheit weiter zu führen.
Rechtsanwalt Torsten Timm hat selbst nicht mitbekommen, wie sein Mandant in Sekundenschnelle das Weite suchte. "Es ist nicht strafbar, sich selbst zu befreien", sagt er. Seinem Mandanten könne nur der tätliche Angriff auf die Wachtmeister zur Last gelegt werden.
"Es gab in der Untersuchungshaft keine Hinweise auf Fluchtgefahr", sagt Gerichtssprecher Klaus Schumacher. "Ob ein Gefangener in Fußfesseln vorgeführt wird, entscheidet die Vorsitzende Richterin." In dem Fall wurde die Gefährlichkeit des Mannes wohl falsch eingeschätzt.