Die Ministerin pflegt ihren Vater
Einblick: Ursula von der Leyen spricht bei „Beckmann“ über den alzheimerkranken Ex-Ministerpräsidenten.
Hannover. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) empfindet die Pflege ihres demenzkranken Vaters Ernst Albrecht (77) als Belastung, aber auch als Bereicherung. Das sagte sie am Montag in der ARD-Talksendung "Beckmann". Albrecht war von 1976 bis 1990 Ministerpräsident von Niedersachsen und ist seit drei Jahren an Alzheimer erkrankt.
Sie sei völlig konsterniert gewesen, als ihr Vater ihr während einer Autofahrt von der Diagnose berichtet habe, sagte von der Leyen. Albrecht lebte seit dem Tod seiner Frau Heide Adele im Jahr 2002 allein in einem Gutshaus in Burgdorf bei Hannover.
"Ich hatte lange ein sehr schlechtes Gewissen, dass ich mich nicht genügend um ihn kümmere", sagte die CDU-Ministerin. Vor einem Jahr hat sich Albrechts einzige Tochter neben fünf Söhnen daher entschieden, mit ihrer Familie in das Haus ihres Vaters umzuziehen. "Er war sehr einsam und hat einfach auch abgebaut. Er brauchte jemanden, der ihn enger umsorgt."
Ihre sieben Kinder hätten natürlich zunächst nicht aus ihrem Heimatdorf weggewollt. Da hätten sie und ihr Mann Heiko ihnen erzählt, wie toll das werden würde mit den vielen Tieren um das Haus des Großvaters herum: "Im Nachhinein sind alle glücklich, dass sie da sind."
Ursula von der Leyen sprach erstmals so offen über das Fortschreiten der Krankheit bei ihrem Vater und ihre eigenen Grenzen im Zusammenleben. Das Langzeitgedächtnis des Ex-Politikers funktioniere gut, mit dem Kurzzeitgedächtnis sei es schwierig. Albrecht quäle es, wenn ihn Leute begrüßten und er sich nicht an sie erinnere.
Alzheimerkranke seien generell sehr fordernd, aber aggressiv sei ihr Vater "Gottseidank noch nicht. Ich weiß aber als Ärztin, dass so etwas kommen kann". Für sich habe sie gelernt, "Teile des Lebens herzugeben, indem man sich kümmert. Und es ist nicht nur niedlich wie bei Kindern." Da müsse sie auch mit den eigenen Irritationen und der eigenen Abwehr fertig werden.
Im gemeinsamen Leben gebe es Licht und Schatten: "Erstens: Er ist noch in einem Anfangsstadium, und das ist ein Segen. Zweitens: Wir sind zehn Personen, die sich da tummeln. Insofern ist es leichter, wenn jeder mal Abstand gewinnen kann." Da gebe es natürlich auch Konflikte: "Man sagt auch: ,Hier ist Schluss, weiter geht’s nicht! Das ist mein Bereich.’ Dann zankt man sich, das gehört auch dazu."
Wie viel Personal Ursula von der Leyen bei der Betreuung ihrer Kinder und ihres Vaters unterstützt, fragte Moderator Beckmann, der den Ausführungen der Ministerin nickend folgte, nicht.