Bahn präsentiert nach langem Zögern Schau zu Deportationen
Die Ausstellung "Sonderzüge in den Tod" über die Rolle der Reichsbahn bei der Deportation der Juden während der Zeit des Nationalsozialismus ist am Mittwoch in Berlin eröffnet worden. Lange Zeit hatte Bahnchef Hartmut Mehdorn mit dem Vorhaben gehadert.
Berlin. Lange Zeit hatte Bahnchef Hartmut Mehdorn mit dem Vorhaben gehadert, schließlich ist es doch noch zustandegekommen: Die Ausstellung "Sonderzüge in den Tod" über die Rolle der Reichsbahn bei der Deportation der Juden während der Zeit des Nationalsozialismus ist am Mittwoch in Berlin eröffnet worden - nachdem die Initiatorin Beate Klarsfeld jahrelang mit Mehdorn über das Projekt gestritten hatte. Die Wanderausstellung, die zunächst im Berliner Regionalbahnhof Potsdamer Platz gezeigt wird, soll bald auch in anderen Städten zu sehen sein.
Die Erinnerung an die Todeszüge an einer exponierten Stelle wie einem Bahnhof war Mehdorn lange Zeit ein Dorn im Auge. Das Thema sei "viel zu ernst", als dass man sich damit auf dem eiligen Weg zum Bahnsteig beschäftigen könne, wandte der Bahnchef ein. Es sei allein seine Sache, wie an die Verbrechen der Reichsbahn erinnert werde. Wegen seiner starren Haltung musste sich Mehdorn von der deutsch-französischen Nazijägerin Klarsfeld vorhalten lassen, er habe "über die Erinnerung an die von den Nazis ermordeten Kinder weder zu befinden noch zu bestimmen". Erst nach der Intervention von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) kam Ende 2006 eine Einigung über die Ausstellung zustande.
Seither haben sich die Wogen zwischen Klarsfelds Initiative und der Bahn ganz offensichtlich geglättet. "Wir sind nach Paris gegangen und haben dort mit den Klarsfelds ihre Ausstellung besucht", berichtet die Historikerin der Bahn, Susanne Kill, über die Vorbereitung des deutschen Projektes. Sie erinnert daran, dass in Berlin auch der unweit vom Potsdamer Platz gelegene Anhalter Bahnhof eine wichtige Rolle für die Deportationen spielte.
Dass nun aber der Potsdamer Platz als erster Standort für die Wanderausstellung auserkoren wurde, erregte auch Widerspruch. Denn es handelt sich zwar um einen Standort im Herzen der Hauptstadt, der dortige Regionalbahnhof hat aber keine zentrale Bedeutung. Es stelle sich schon die Frage, warum nicht der Hauptbahnhof für die Ausstellungspremiere ausgewählt wurde, wandte die Publizistin Lea Rosh ein. Viele Menschen hätten den Eindruck, da werde etwas "abgeschoben".
Beate Klarsfeld, die wegen des Ausstellungszwists in der Vergangenheit scharfe Kritik an der Bahn und ihrem Chef Mehdorn geübt hatte, war da zurückhaltender. Sie verwies bei der Eröffnung lediglich darauf, dass die französische Vorläufer-Ausstellung zu den deportierten Kindern auf den "größten Reisebahnhöfen" des Nachbarlandes gezeigt worden sei. Gleichwohl vermied sie neue Angriffe auf die Führung der Bahn und zeigte sich erfreut über das Zustandekommen des Projektes. "Es war unser Anliegen, die Kinder zu zeigen." Der an dem Projekt beteiligte Direktor der Stiftung Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum, Herman Simon, geriet nahezu ins Schwärmen. Wer hätte schon vor einem Jahr gedacht, "dass wir heute da sind, wo wir sind", sagte er mit Blick auf die Zwistigkeiten der Vergangenheit. Ihm gefalle besonders, dass der von Klarsfeld beigesteuerte Teil über die Kinderschicksale gut mit den Informationen über die Rolle der Reichsbahn kombiniert worden sei. Gleichwohl ist die Zukunft der Ausstellung noch ungewiss. Als weitere Standorte sind Halle, Münster und Schwerin vorgesehen. Doch was danach mit den 40 Schautafeln geschieht, ist bislang nicht bekannt.