Stipendien: Auch ohne Geld an die Universität

Stiftungen wollen Jugendliche aus Migrantenfamilien zum Studium ermuntern. Bislang schrecken viele Jugendliche vor den Anforderungen zurück.

<strong>Düsseldorf. Joseph Akino ist gerade 15 Jahre alt, als er allein in Bremerhaven von einem Schiff aus dem Sudan klettert. Sein Vater ist im Bürgerkrieg gefallen, Mutter und Zwillingsschwester sind verschollen. Ziellos läuft er durch die Stadt, bis er einen anderen Farbigen trifft, der ihn mitnimmt nach Düsseldorf. Die Tage verbringt er am Hauptbahnhof, die Nächte in einem Flüchtlingssammellager. Hier könnte die Geschichte von Joseph Akino enden, ein Junge mit Migrationshintergrund, aber ohne Perspektive.

Viele Jugendliche schrecken vor den Auswahlverfahren zurück

Doch heute studiert der inzwischen 21-Jährige an der FH Düsseldorf im zweiten Semester internationales Management. "Manchmal werde ich morgens wach und kann mein Glück gar nicht fassen", sagt Joseph. Möglich gemacht hat das die Hans-Böckler-Stiftung, die im Februar 2007 mit der "Böckler-Aktion Bildung" angetreten ist, begabten jungen Menschen speziell aus ärmeren Familien die Chance auf ein Studium zu eröffnen. Ein Betreuer hatte den jungen Sudanesen auf die Möglichkeit eines Stipendiums aufmerksam gemacht. "Anfangs wollte ich nicht glauben, dass ich genommen werden könnte", erinnert er sich. Auch die SPD-nahe Friedrich-Ebert Stiftung (FES) bietet Stipendien für junge Menschen aus einkommensschwachen oder eingewanderten Familien an. Doch vor allem die Zahl der Bewerber mit Migrationshintergrund sei gering, sagt Katrin Dupp, Pressereferentin der FES: "Viele schrecken vor den hohen Anforderungen oder dem Auswahlverfahren zurück." Aus diesem Grund hat auch die FES eine Aktion gestartet, die den Weg zu einer Förderung erleichtern soll: das "Stipendium auf Probe". Die Aufnahmekriterien seien abgeschwächt, das Auswahlverfahren weniger aufwändig. Ein erster Erfolg zeige sich bereits: Unter den ersten 79 Stipendiaten seien verhältnismäßig viele Migranten, weiß Katrin Dupp. Und obwohl sich auch die Anzahl der Bewerbungen und Neustipendien 2007 verdoppelt hat, wünscht sich die FES noch mehr Resonanz: "Wir haben noch Kapazitäten." 2007 wurden von der FES etwa 800 Stipendien vergeben, 3000 Bewerbungen waren eingegangen. Der Grund: Im Rahmen seiner Exzellenzinitiative wird das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Mittel für die elf Begabtenförderungswerke bis 2009 von 80 auf dann 120Millionen Euro erhöhen. "Unser Ziel ist, dass ein Prozent aller Studenten eine Begabtenförderung erhalten. Zurzeit sind es etwa 0,8 Prozent", sagt Katrin Hagedorn vom BMFB. Die Hans-Böckler-Stiftung kann für die Förderung statt wie bisher neun nun 13 Millionen Euro pro Jahr ausgeben, bestätigt Geschäftsführer Wolfgang Jäger. Bei der Auswahl sind gute Noten nur hinreichende Bedingung: "Uns geht es in erster Linie um die soziale Öffnung der Hochschule", sagt Jäger. Die hohen Kosten eines Studiums wirkten gerade auf Studienwillige aus einkommensschwachen Verhältnissen abschreckend. Deshalb kommen 45,5Prozent der Stipendiaten aus Familien mit Migrationshintergrund. Während die FES und die Hans-Böckler-Stiftung auf Initiativbewerbungen setzen, nimmt die Studienstiftung des Deutschen Volkes nur die besten Schüler eines Jahrgangs auf. Eine davon ist die Studentin Lena Breuer (21). Seit ihrem Abitur bekommt sie finanzielle Unterstützung, regelmäßig muss sie nachweisen, dass sie auch in der Uni zu den Besten gehört. "Wir können Sprachkurse, Sommerakademien oder Vorträge besuchen und so auch viele nützliche Kontakte knüpfen." Doch die Bochumerin übt auch Kritik: "Irgendwie finde ich dieses Elitegeplänkel immer ein bisschen albern."

Begabtenförderungswerke

ÜBERBLICK: Es gibt parteinahe, konfessionelle und wirtschaftsnahe Stiftungen. Alle Stiftungen erwarten ein gesellschaftspolitisches oder soziales Engagement. Einen Überblick und Informationen über alle elf Begabtenförderungswerke, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt werden:

www.stipendiumplus.de

Hans-Böckler-Stiftung: Stiftung des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Bewerbung für ein Stipendium zum Wintersemester bis 30. April.

Friedrich-Ebert-Stiftung: SPD-nahe Studien-Stiftung. Für Anträge gibt es keine festen Fristen.