Blitz-Marathon: Autofahrer schleichen an der Polizei vorbei
An 3142 Stellen in NRW mit Laser und Radar gemessen — doch kaum ein Raser ging in die Falle.
Wuppertal. Wie ein Fernrohr sieht es aus, das Gerät, das über Strafzettel und Punkte entscheidet. An der Beyenburger Straße, einer Landstraße im Wuppertaler Osten, bauen vier Polizisten das Messgerät um kurz vor zehn Uhr auf, möglichst nah am Fahrbahnrand. „Dann sind die Messungen genauer“, sagt Polizeihauptkommissar Manfred Tlustek. Sein junger Kollege justiert derweil das Tempomessgerät. 70 km/h sind an dieser Stelle erlaubt.
Die Beamten gehören zu den mehr als 3000 Polizisten, die am Dienstag beim zweiten „Blitz-Marathon“ in NRW unter dem Motto „Brems Dich — rette Leben“ gegen Raser vorgehen. 3142 Radarfallen werden dafür an sogenannten „Wutpunkten“ aufgebaut, Orte, an denen sich Bürger über Temposünder besonders ärgern.
An der Beyenburger Straße ist erst kürzlich ein Junge bei einem Verkehrsunfall tödlich verletzt worden. „Es gibt auf einer Länge von 400 Metern mehrere Ausfahrten und Häuser, sogar Wanderwege führen über die Straße“, sagt Walter Stachowicz, der sich die Radarkontrolle dorthin gewünscht hat. Der Vorsitzende der Bürgergemeinschaft Kemna schaut sich die Arbeit der Beamten genau an. „Uns wäre geholfen, wenn hier ein Tempolimit von 50 km/h wäre und die Menschen das Überholverbot achten würden.“
Beim Blick durch das Messgerät fixiert der Polizist das Kennzeichen der heranfahrenden Autos und drückt dann auf einen Knopf. So leicht ist das gar nicht. „Man muss ein gutes Auge haben“, sagt Tlustek. Ihm und seinen Kollegen wird sofort die Geschwindigkeit des Autos angezeigt. Das Gerät signalisiert zusätzlich noch mit einem speziellen Geräusch, ob der Wagen zu schnell fährt.
„Langweilig“, kann sich einer der Polizisten nicht verkneifen. Auto um Auto tuckert an ihm und seinen Kollegen vorbei. Mit Tempo 60, 55 und gar 45 passieren die Autos die Radarfalle. Glücklicherweise gibt es keine Mindestgeschwindigkeit. „Das Blitzen ist etwas eintönig“, gibt Hauptkommissar Tlustek zu.
Es ist die zweite von vier Messstationen an dem Tag für die Polizisten. Rausgewinkt haben sie nur an der ersten Station einen Temposünder. „Die Leute sind informiert. Wer heute erwischt wird, ist total verträumt oder unverbesserlich“, sagt Tlustek, die rote Kelle in der Hand.
Bei normalen Kontrollen sind laut Polizeipressestelle 3,5 Prozent der Geblitzten zu schnell. An der Beyenburger Straße halten sich am Dienstag alle Autofahrer an die Geschwindigkeit — oder bremsen ab, sobald sie die Beamten erahnen. „Oh, will der überholen?“ Eine junge Polizistin wittert Arbeit, als ein Auto zum Überholen eines Lkw ansetzt. Sobald der Fahrer die Beamten sieht, ordnet er sich aber schnell wieder ein.
Die Wuppertaler Polizisten sehen es positiv: „Es ärgert uns nicht, dass wir niemanden erwischen, wir freuen uns, dass sich alle an die Regeln halten.“ Eineinhalb Stunden, viele brave Autofahrer und null Verwarnungen später fragt die Beamtin ihre Kollegen: „Sollen wir abbauen?“ Der nächste „Wutpunkt“ wartet.