Britin soll auf Bali hingerichtet werden: Hoffen auf das oberste Gericht

Die Britin Lindsay Sandiford soll auf Bali hingerichtet werden. Die 56 Jahre alte Großmutter hat fünf Kilo Kokain auf die Insel geschmuggelt.

London/Bali. Efeu rankt sich an gepflegten Reihenhäuschen hoch, das beschauliche Cheltenham badet in Frühlingssonne. Es sind Welten, die zwischen der Heimat von Lindsay Sandiford und ihrem jetzigen Domizil liegen. In einer stinkenden, mückenverseuchten Zelle auf Bali hofft sie derzeit auf Gnade. Aufgeschwemmt, das Gesicht grau nach Nächten ohne Schlaf, wartet die 56-Jährige auf Bescheid des Obersten Gerichtshofes von Indonesien. Nur dort kann das Urteil über sie noch revidiert werden. Bleiben die Richter unerbittlich, wird die englische Großmutter hingerichtet.

Das Drama nahm hier, in der englischen Provinz, vergangenes Jahr seinen Lauf. Sandiford, die viel Zeit in Indien verbringt, war heimgekommen, um einen neuen Pass zu beantragen. Da erfuhr sie, dass ihr Sohn Elliot (21) in Schwierigkeiten steckte: Die Polizei hatte eine Drogenküche ausgehoben und Elliot wurde von den Dealern beschuldigt, das Geheimversteck verpetzt zu haben. In Todesangst war ihr Sohn angeblich untergetaucht. Kurz darauf, so erzählte Sandiford der „Mail on Sunday“, sei sie von dem Drogenkartell kontaktiert worden: „Du musst den Fehler deines Sohnes wieder gutmachen, indem Du für uns eine Aufgabe übernimmst.“

Sandiford bekam mehrere Pakete und Flugtickets. Ihr Job: Die Fracht von Bangkok nach Bali zu transportieren. Am 17. Mai fischte der Zoll die Rentnerin prompt auf dem Flughafen Bali aus der Menge. In ihrem Koffer fanden die Beamten fünf Kilo Kokain. Geschätzter Wert: Zwei Millionen Euro. „Ich konnte mir denken, dass das keine Tulpenzwiebeln waren“, sagt Sandiford heute, „aber ich hätte mit Schwarzgeld, Schmuck oder Waffen statt mit Kokain gerechnet.“

Sandifords Naivität nutzt nun auch die Polizei aus. Mit dem Versprechen, ihr eine mildere Strafe angedeihen zu lassen, kooperiert die Britin mit den Ermittlern, führt sie zu den Kontaktpersonen, lässt das vierköpfige Drogenkartell auffliegen. Doch bei ihnen findet die Polizei keine Beweise. Zu ein bis vier Jahren Haft sind die Drahtzieher des Coups mittlerweile verurteilt worden. Über Sandiford, die die Polizei zum Beweis gleich am Flughafen neben den geschmuggelten Drogen-Paketen abgelichtet hatte, ergeht die Todesstrafe.

In Cheltenham sind die Sandifords unterdessen längst als „Nachbarn aus der Hölle“ bekannt. Einer der Söhne wurde sechzehn Mal von der Schule suspendiert, ihr ältester Sohn hat eine langjährige Haftstrafe wegen Raubüberfalls verbüßen müssen. „Als Mutter kann man eben nicht anders, als die Kinder zu schützen“, verteidigt sich die 56-Jährige jetzt unter Tränen. Zumindest der amateurhafte Transport der Drogen spricht dafür, dass hier kein Gangster, sondern eine Mama zweier schwer erziehbarer Jungs am Werk war.

Mittlerweile hat sich auch Außenminister William Hague in den Fall eingeschaltet: Er kritisiert die „exzessive Strafe“ und hat „diplomatische Konsequenzen“ angedroht, sollte der Erschießungstod an Sandiford vollstreckt werden. Beirren lässt sich die Justiz auf Bali davon allerdings nicht. Und auf Mitleid aus Großbritannien braucht Sandiford erst recht nicht hoffen: Auch eine Oma, die Drogen schmuggelt, ist ein Drogenschmuggler — so die unterkühlte Meinung vieler Briten.