Montserrat Caballé: „La Montse“ will keine Diva sein
Sie gilt als eine der größten Sopranistinnen des 20. Jahrhunderts. Heute wird Montserrat Caballé 80 Jahre alt.
Madrid. Mit 80 Jahren, so hatte Montserrat Caballé angekündigt, wolle sie auf eine große Abschiedstournee gehen und ihre Karriere beenden. Was aus diesen Vorhaben geworden ist, weiß man nicht. Denn um die große spanische Sopranistin, die heute 80 Jahre alt wird, ist es still geworden. Der Opernstar hatte im Oktober 2012 während einer Konzertreise in Russland einen Schlaganfall erlitten, war ohnmächtig geworden und hatte sich im Fallen einen Oberarmknochen gebrochen.
Auf Empfehlung der Ärzte legte die Sängerin eine dreimonatige Pause ein. Ende Februar sagte sie ein Konzert in Granollers bei Barcelona ab, weil sich die Erholung länger hinzog, als erwartet. Vor wenigen Jahren hatte die Katalanin noch erklärt: „Ich brauche das Singen zum Leben.“
Im Laufe ihrer mehr als 55-jährigen Karriere hatte die Sopranistin immer wieder mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Bereits vor Jahren hatte sie große Opernauftritte weitgehend eingeschränkt und sich auf Konzertabende konzentriert. „Meine Stimme ist nicht mehr so, wie sie einmal war“, räumte sie offen ein. „Was man nicht wirklich gut kann, soll man lieber lassen.“
Nach dem Tod von Maria Callas im Jahr 1977 hatten viele Opernfreunde in ihr die Nachfolgerin von „La Divina“ gesehen. Aber Montserrat Caballé setzte sich diese Krone nie auf. „Ich bin keine Diva“, sagte sie trotzig. „Mich als eine Diva zu betrachten, ist absurd und idiotisch. Wenn ich auf die Bühne gehe, bin ich schlichtweg La Montse und nicht mehr.“
Dabei gehört die Künstlerin unumstritten zu den größten Sopranistinnen des 20. Jahrhunderts. Ihr Repertoire umfasst 90 Opernrollen und 800 Lieder. Mit mehr als 4000 Auftritten — fünfmal so viele wie Maria Callas — dürfte sie die aktivste Sängerin der Operngeschichte sein. Sie gilt zudem als die Entdeckerin des großen Tenors José Carreras.
Ihr Leben gleicht einem Märchen vom Aufstieg eines armen Kindes zum Weltstar. Im Spanischen Bürgerkrieg (1936 bis 1939) verloren ihre Eltern Hab und Gut, die Familie litt Hunger. Mit zwölf Jahren musste Caballé die Schule verlassen und als Näherin zum Familienunterhalt beitragen. In den 50er Jahren zog die Familie in die Schweiz.
In Basel debütierte die Sängerin 1956 in der Oper. Von 1959 bis 1962 war sie in Bremen engagiert. Der Hansestadt konnte Caballé jedoch so wenig abgewinnen, dass sie fast ihre Karriere aufgeben wollte — nur um aus Bremen wegzukommen. Der Durchbruch zum Weltstar gelang 1965 in New York, wo sie für Marilyn Horne einsprang und so begeistert gefeiert wurde, dass die Metropolitan Opera sie verpflichtete.
Caballé ist aber auch Rockfans ein Begriff: So nahm sie in den 80ern mit Queen-Sänger Freddie Mercury das Lied „Barcelona“ auf. Auch mit den Rockgrößen Bruce Dickinson und Johnny Hallyday spielte sie Schallplatten ein. Neben ihrer Karriere unterstützte sie soziale Vorhaben der Vereinten Nationen, förderte den musikalischen Nachwuchs und half notleidenden Kindern. „Die meisten Probleme der Welt rühren daher, dass habsüchtige Leute nur ans Geld denken“, sagte die Sängerin einmal. „In dieser Hinsicht war ich schon immer ein wenig revolutionär.“
Ärger gab es um einen 2003 erschienenen Dokumentarfilm: Die Porträtierte ließ „Caballé, más allá de la música“ (Caballé jenseits der Musik) so zusammenschneiden, dass Regisseur Antonio A. Farré in dem Werk nur noch eine Lobpreisung der Sängerin sah und sich davon distanzierte. Caballé war dagegen gewesen, dass der Film ihre schwere Kindheit und ihre Krankheiten zu sehr in den Vordergrund stellte.