Casting: Zittern für ein Filmröllchen
Mehrere hundert Menschen bewerben sich für einen Kurzauftritt in Bully Herbigs neuem Film. Ein Erfahrungsbericht.
Mettmann. "Sie wollen zum Casting?", fragt ein Herr an der Tür, noch bevor die Bewerber einen Fuß ins Trockene gesetzt haben - und schickt sie mit einer Nummer wieder hinaus. Unter einem Pavillon weicht die Aufregung langsam kalten Händen und nassen Füßen.
Dennoch: Keiner geht, sie alle wollen Filmluft schnuppern. Schließlich wartet die Kinoleinwand. Im Mettmanner Stadtwaldhaus wollen an diesem Tag fast 400 Menschen einen Auftritt im neuen Kinofilm mit Michael Bully Herbig ("Hotel Lux") ergattern.
Russen werden gesucht, ein russischer Chor, schlanke Männer mit Bereitschaft zum kahlen Kopf. Das wird schwierig für mich. Als Hotelpersonal könnte ich durchgehen. Eine junge Frau bringt ihre regennasse Frisur in Ordnung, ein osteuropäisch wirkender Mann blickt resignierend auf die Uhr. "Eine Stunde schon", murmelt er und sieht seine Begleiterin seufzend an.
Für eine Chance auf einen Platz im russischen Chor bleibt er. Einige haben sich moralische Unterstützung in Form von Freunden oder Familie mitgebracht, die nun schwache Nerven beruhigen. Andere lenken sich mit Lesen ab.
Schließlich geht es drinnen weiter. Neben einem wärmenden Kaffee gibt es dort Fragebögen. Um sie auszufüllen, drängen sich die Bewerber an Tischen in eine weitere Schlange.
Nach Körper-, Schuh- und Konfektionsgröße wird gefragt, nach Flexibilität. Sind die Haare gefärbt? Ist ein Auto vorhanden? Oder besondere Talente? Erfahrungen bei Film oder Theater?
Die Konkurrenz kann bei der Aufzählung von Dreheinsätzen aus den Vollen schöpfen. Eine ältere Dame hat in vielen Film- und Theaterproduktionen mitgewirkt.
"Wenn Sie mehr Rollen haben wollen und mutig genug sind, lassen Sie ihre Haare grau, statt sie zu färben - viele Regisseure bevorzugen das", empfiehlt ein Mitarbeiter der Casting-Agentur Eick.
Er nimmt die Fragebögen mit einem freundlichen Lächeln entgegen. Bei der Frage nach den Haaren bleibt er hängen, begutachtet mich kritisch. "Würden Sie die abschneiden lassen?" "Sicher", höre ich mich sagen.
Dann kommt doch noch das Scheinwerferlicht - und mit ihm die Aufregung zurück. "MT 161", wird angekündigt, der entsprechende Zettel mit der Nummer vor die Brust gehalten. "Gerade stehen, in die Kamera schauen", weist der Fotograf an. Es klickt einmal, noch mal - das war’s.
Wer für ein Filmröllchen in Frage kommt, entscheiden später Regie und Agentur. Einige werden vom Fleck weg engagiert und für die ersten Dreheinsätze in der kommenden Woche eingeplant. "Wen wir verwenden können, den rufen wir an", so Delia Eick. "Wir brauchen gute Gesichter, authentische Menschen."
Wer überzeugt, wird zur Kostümprobe und noch in diesem Monat vor die Kamera gebeten. Dafür gibt es eine Aufwandsentschädigung: "Für die Kostümprobe 20, für einen Drehtag 50 Euro", sagt Eick. Wo gedreht wird, verrät sie nicht, nur soviel: "Es ist in der Nähe. Wir versuchen, den Aufwand für die Komparsen klein zu halten."