Deutsches Brot war viel zu salzig

Hongjiang Xu studiert der Karriere wegen in Düsseldorf und schaut mit Distanz auf seine Heimat.

Düsseldorf. Als Hongjiang Xu vor zweieinhalb Jahren das erste Mal deutschen Boden betrat, fielen ihm die leeren Straßen auf. "In Schanghai oder Peking ist alles voll mit Menschen. Die Straßen sind so mit Autos überfüllt, dass Busse eigentlich nie pünktlich kommen." Und an die deutsche Ess-Kultur musste er sich gewöhnen. "Dieses salzige Brot konnte ich zuerst gar nicht ausstehen", erzählt der 28-Jährige.

Weil er es aus China gewohnt ist, dass die Geschäfte jeden Tag bis in den späten Abend aufhaben, steht er hier häufig vor verschlossenen Geschäftstüren. "Ich vergesse manchmal, dass hier sonntags alles zu ist, und stehe dann ohne Essen da."

Lässig sitzt Hongjiang in einem Düsseldorfer Straßencafé. An den Füßen trägt er modische braune Lederschuhe, und seine Haare sehen nach intensiver Modellierarbeit aus. Seit zwei Monaten ist der 28-Jährige aus Suzhou, einer Stadt etwa 100 Kilometer von Schanghai entfernt, in Düsseldorf und studiert an der Fachhochschule Business Administration und Germanistik, um seine Karrierechancen im Reich der Mitte zu verbessern.

"Es sind schon viele deutsche Firmen nach China gekommen, wie zum Beispiel Bosch oder Volkswagen. Für solche Unternehmen kann ich dann arbeiten, wenn ich nach China zurückgehe."

Die deutschen Studenten seien eigentlich gar nicht so anders als die chinesischen, findet Hongjiang. "Doch wir Chinesen sind schon etwas ehrgeiziger. Wenn Klausuren anstehen, lernen wir oft die ganze Nacht durch. In China darf man nur vier Jahre für das Studium brauchen, sonst ist man durchgefallen."

Aus Angst, ihre Kinder könnten zu den Verlierern des Kapitalismus gehören, üben chinesische Eltern starken Druck auf ihre Kinder aus. "Die Eltern entscheiden oft einfach über ihre Kinder. Sie bestimmen zum Beispiel, dass das Kind Klavier lernen soll, auch wenn es dazu gar keine Lust hat."

Tatsächliche Verlierer seien die Kinder vom Land und aus den Bergdörfern. "Wer arme Eltern hat, kann nur Bauer werden oder in der Stadt Straßen fegen und Geschirr spülen" - Hongjiang zuckt mit den Schultern und trinkt noch einen Schluck von seiner Cola.

Sein Vater arbeitet in der chinesischen Regierung. Offene Kritik kann und will sein Sohn daher nicht äußern. Die Ausschreitungen in Tibet interessierten ihn nicht. Überhaupt - "ich bin absolut unpolitisch", versichert Hongjiang. Chinas Jugendliche würden sich aus der Politik raushalten.

"Menschenrechte" - er spricht das Wort aus, als sei es eine Vokabel, die er noch nie gehört hat, zwirbelt unsicher an einer Haarsträhne herum. Am Ende bemüht er ein Lächeln und sagt: "Nein, dazu kann ich leider nichts sagen."

Hongjiangs Mutter hat eine kleine Modefirma. Reine Hausfrauen gäbe es in China quasi gar nicht, sagt der Sohn. "Fast alle Frauen studieren und arbeiten danach im Büro oder als Lehrerinnen." Dennoch würden die Männer in Chinas Berufswelt dominieren.

"Richtig Karriere zu machen, ist für Frauen immer noch schwer. In der Regierung arbeiten zum Beispiel fast nur Männer. Sie glauben immer noch, dass Männer besser sind als Frauen", beobachtet Hongjiang. "Aber ich glaube schon, dass sich das noch verändern wird, irgendwann."

Seine persönlichen Ziele hat der ehrgeizige Student bereits klar vor Augen. "Nach dem Abschluss will ich erstmal ein Jahr in Deutschland arbeiten. Dann gelte ich als besonders talentiert und klug und habe einfach noch mehr Chancen in China."