Eine hoch umstrittene Seligsprechung
Nicht nur für Johannes Paul, auch für Pius XII. macht sich der Papst stark.
Rom. Den einen verehren Millionen Katholiken heiß und innig, der andere zog als Papst in den Jahren des Holocaust Kritik auf sich: Benedikt XVI. hat gleichzeitig für Papst Johannes Paul II. und den umstrittenen Pius XII. wichtige Hürden auf dem Weg zu ihrer Seligsprechung beseitigt.
Das deutsche Kirchenoberhaupt erkannte in Dekreten die "heroischen Tugenden" seiner beiden Vorgänger an. Der damit gemeinte Nachweis eines besonders vorbildlichen Lebens und der Opferbereitschaft ist ein Meilenstein vor der Seligsprechung, der Vorstufe zur Heiligsprechung.
Bei dem am 2. April 2005 gestorbenen Johannes Paul wird lediglich mitunter moniert, dass die Seligsprechung des direkten Vorgängers von Benedikt unüblich rasch in Rom betrieben werde. Dass der Papst nun überraschend auch den "heroischen Tugendgrad" für Pius XII. (1939-1958) bescheinigte, dürfte hingegen kritischere Stimmen laut werden lassen.
Diesem Papst war von jüdischer Seite vorgehalten worden, zum Holocaust geschwiegen und nicht genug zur Rettung verfolgter Juden getan zu haben. Benedikt hat Pius immer strikt verteidigt, das "Tugend-Dekret" aber lange auf seinem Schreibtisch im Vatikan liegen lassen.
Zu Pius XII. hatte Benedikt betont, es gebe sehr wohl Beweise, dieser habe in der Nazizeit teils geheim und diskret gewirkt, "um das Schlimmste zu verhindern", einen anderen Weg habe es damals nicht gegeben.
Dieser Papst sei "nicht unfehlbar" gewesen, aber auch kein Antisemit - zu diesem Fazit kam Jesuitenpater Peter Gumpel, der als Untersuchungsrichter im Seligsprechungsprozess Pius XII. kennt wie heute kaum noch jemand: "Er tat, was ihm möglich erschien, ohne die Nazis zu Vergeltungsmaßnahmen greifen zu lassen."
Das noch unscharfe Bild des Pius kann erst klarer werden, wenn der Vatikan, wie von jüdischer Seite gefordert, die Archive für die Zeit seines Pontifikats geöffnet haben wird. Aber das kann noch dauern.