Jagd auf Gottschalks Quoten

Jahrelang war „Wetten, dass..?“ Quotenkönig. Nun gucken junge Zuschauer lieber „Das Supertalent“ oder „Schlag den Raab“.

Köln. Thomas Gottschalk und sein ZDF-Flaggschiff "Wetten, dass..?" waren über Jahre vergleichbar mit einem Pflichtspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft: Die Einschaltquoten lagen in beiden Fällen bei deutlich über zehn Millionen. Doch nicht wenige meinen, die Zeiten könnten bald vorbei sein, weil sich die Relationen ändern. Die Fernsehunterhaltung ist dabei, sich neu zu definieren. Die private Konkurrenz hat die Familie als Publikum entdeckt. Eine wenig verblüffende Erkenntnis, aber ein langer Prozess, der auch etwas mit dem Älterwerden des Mediums Fernsehen zusammenhängt.

Eine schwerwiegende Konkurrenz erwächst Gottschalk vor allem von den RTL-Formaten "Deutschland sucht den Superstar" und "Das Supertalent". Die erste Staffel von "Das Supertalents" kam 2007 im Schnitt auf fünf Millionen Zuschauer pro Sendung, die dritte vor dem Finale heute (20.15 Uhr) auf 6,78 Millionen. Die Ausgabe am 5. Dezember brachte es im Vergleich mit "Wetten, dass..?" zwar nur auf 5,83 Millionen Zuschauer, aber Gottschalks Unterhaltungsklassiker blieb auch nur bei 8,99 Millionen hängen.

Dabei bilden nicht einmal die absoluten Zahlen das wichtigste Kriterium. Der Blick auf die Publikumsströme ist entscheidend. Bei den jüngeren Zuschauern bis 49 Jahren erzielt "Supertalent" einen Marktanteil von 33,5 Prozent, "Wetten, dass..?" erreichte trotz höheren Gesamtzuspruchs nur 27,6 Prozent.

Beim unmittelbaren Aufeinandertreffen am 5. Dezember schaffte Gottschalk bei den jüngeren Zuschauern nur 23 Prozent, "Das Supertalent" 28,2 Prozent, bei den bis 29 Jahren sogar 36,3 Prozent. Fazit: Das ZDF spricht den Nachwuchs weniger als RTL an. Die Kölner haben es geschafft, mit den Castingshows ein neues "elektronisches Lagerfeuer" zu entfachen, auch wenn Dieter Bohlen ein deutlich widersprüchlicheres Image hat als der Sonnyboy Gottschalk - oder vielleicht gerade deswegen.

RTL-Unterhaltungschef Tom Sänger: "Über viele Jahre haben die anderen Sender "Wetten, dass..?" nur Ausweichprogramme entgegengesetzt. Das ist nun anders. Jüngere Zuschauer schalten "Supertalent" und "Deutschland sucht den Superstar" ein, weil sie von der Dynamik der Shows gepackt werden."

Auch Stefan Raab spielt bei der sukzessiven Demontage des Denkmals "Wetten, dass..?" eine Rolle. Der 43-jährige Pro-Sieben-Entertainer hat mit "Schlag den Raab" ein Format geschaffen, das auch familienkompatibel ist und "Wetten, dass..?" den Nachwuchs abgräbt, auch wenn es bislang den direkten Vergleich mit Gottschalk nicht wagt. Heute (20.15 Uhr, Pro-Sieben) kommt die sechste Ausgabe in diesem Jahr auf den Bildschirm.

Bohlens und Raabs Shows verbindet zudem eines: Sie sprechen eine klare Sprache und sind auf den Punkt spannend. Gottschalks Plaudereien fallen oft zu langatmig aus - nichts für flippige junge Leute, die schnelle Dramaturgien brauchen.

Was winkt den Kandidaten heute? Zwölf Mitspieler (von ursprünglich 37 000) bewerben sich im Finale um den Titel "Das Supertalent" und wollen um 100 000Euro reicher werden.

Mit 100 000 Euro würde sich Stefan Raabs Herausforderer nicht abspeisen lassen - im Jackpot der Show, bei der ein Kandidat in 15 Spielen nach Punkten besser als der Gastgeber abschneiden muss, liegt jetzt eine Million Euro.