Entwarnung: Experten rechnen nicht mit einem weiteren Zyklon in Birma

Nach Messungen der indischen Meteorologiebehörde besteht keine erneute Zyklon-Gefahr vor der Küste Birmas. Dennoch werde das Land auch weiterhin von Gewittern und starken Regenfällen heimgesucht. Indessen klagen humanitäre Organisationen in Deutschland über die mangelnde Spendenbereitschaft der Deutschen.

Neu Delhi/Rangun. Die indische Meteorologiebehörde (IMD) sieht in den nächsten Tagen entgegen anderslautender Warnungen keine Gefahr eines neuen Zyklons in Birma. IMD-Experte B. K. Bamdopadhyay sagte am Mittwoch in Neu Delhi, zwar habe sich ein kleineres Tiefdruckgebiet in der Bucht von Bengalen gebildet.

Das habe aber den Messungen seines Instituts zufolge nicht das Potenzial, sich zu einem Zyklon zu entwickeln. Er widersprach damit dem Taifun-Warnzentrum der US-Marine auf Hawaii, das am Mittwoch gewarnt hatte, das Tief vor der von Zyklon "Nargis" verwüsteten Küste Birmas könnte zu einem neuen Zyklon werden.

Ähnlich äußerte sich der Wetterdienst meteomedia. Allerdings seien im besonders betroffenen Irrawaddy-Flussdelta in den kommenden Tagen schwere Gewitter und örtlich sehr starke Regenfälle zu erwarten, sagte Meteorologe Manfred Spatzierer.

Die IMD hat von der UN-Weltmeteorologiebehörde das Mandat, Wirbelsturmwarnungen nicht nur für Indien, sondern auch für Bangladesch, Birma, Thailand, Sri Lanka, die Malediven, Oman und Pakistan auszugeben.

Die indische Behörde hatte die zuständigen Stellen in Birma nach eigenen Angaben 48 Stunden vor dem Eintreffen von "Nargis" gewarnt und darüber informiert, wo der Zyklon auf Land treffen, wie er sich bewegen und wie heftig er ausfallen werde. Auch Indiens Ostküste an der Bucht von Bengalen wird immer wieder von Zyklonen heimgesucht.

Trotz der nach wie vor dramatischen Lage in Birma, ist die Spendenbereitschaft der Deutschen nach Einschätzung der großen Hilfsorganisationen eher verhalten. Das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen (DZI) appellierte an die Bundesbürger, mehr Geld zu spenden. Das bisherige Aufkommen sei nicht vergleichbar mit ähnlichen Katastrophen, sagte DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke am Mittwoch dem Hörfunksender NDR Info.

Bei der Aktion Deutschland Hilft (ADH) sind beispielsweise 250 000 Euro eingegangen. Im Dezember 2004, drei Tage nach dem Tsunami, waren nach Angaben von ADH-Sprecherin Janina Niemietz mehr als 3,6 Millionen Euro auf dem Spendenkonto. ADH sei auf Spenden angewiesen. "Wir können die Leute doch nicht im Stich lassen", sagte Niemietz.

Das Fehlen aufwühlender Bilder aus Birmas Katastrophenregionen hat nach Meinung des Berliner Psychologen Peter Walschburger die Spendenbereitschaft der Deutschen für Birma verhindert. "Was sich in Birma abgespielt hat, war wie ein kleiner Tsunami", sagte Walschburger. "Eine Identifikation mit den Opfern war aber ohne schnelle und authentische Bilder kaum möglich", ergänzte der Psychologe der Freien Universität Berlin.

Auch bei der Caritas International sind nach Angaben der Organisation noch keine ausreichenden Spenden zusammen gekommen. Zwei Millionen Euro als Soforthilfe wären nötig. "Bislang sind aber erst 200 000 Euro an Spenden eingegangen", sagte Sprecher Achim Reinke. Er befürchtet, dass die Opfer des Wirbelsturms in Birma durch das jüngste Erdbeben in China aus dem Blickfeld der deutschen Spender geraten könnten.

Derweil sind die diplomatischen Bemühungen um eine Öffnung des Landes für internationale Hilfe verstärkt worden. EU-Entwicklungskommissar Louis Michel traf am Mittwoch in Birmas Haupstadt Rangun ein. Er warnte vor einer Hungersnot.

Durch "Nargis" seien die gesamten Reisvorräte zerstört worden. Gegenüber AFP-TV betonte der EU-Kommmissar, mit seiner Reise nach Birma verfolge er keine politischen, sondern ausschließlich humanitäre Ziele. Ob Michel während seines bis Freitag dauernden Besuchs auch in die besonders betroffenen Gebiete im Irawadi-Delta reisen dürfe, werde derzeit noch diskutiert, teilte ein EU-Diplomat mit.

Thailands Regierungschef Samak Sundaravej brach zu einem Treffen mit seinem birmanischen Kollegen Thein Sein auf. Sundaravej war von den USA, Großbritannien sowie UN-Generalsekretär Ban um Vermittlung gebeten worden.

Die Bundesregierung berät laut einem Bericht der "Saarbrücker Zeitung" (Donnerstagsausgabe) derzeit mit der Regionalmacht China über einen gemeinsamen Hilfseinsatz in Birma.

Nach thailändischen Angaben hat die Militärregierung in Birma die Einreise von 30 Ärzten in das Katastrophengebiet bewilligt. Die thailändischen Mediziner sollten am Freitag abreisen und zwei Wochen in Birma bleiben, teilte das Gesundheitsministerium am Mittwoch in Bangkok mit.

Das Team, das sich aus Ärzten des thailändischen Roten Kreuzes, des Gesundheitsministeriums und eines Bangkoker Krankenhauses zusammensetzt, soll den Angaben zufolge Opfer des verheerenden Wirbelsturms "Nargis" behandeln, den Ausbruch von Seuchen verhindern und psychologische Hilfe anbieten.

Durch den Zyklon "Nargis" waren mehr als 62.000 Menschen ums Leben gekommen.