Scarlett Johansson: Sie ist für jede Überraschung gut

Singen kann sie nicht, aber die CD ist perfekt: Die Schauspielerin und die Lieder von Tom Waits.

New York. Warum sollte sie auch nicht singen? Schließlich geht Scarlett Johansson einem Beruf nach, der der populären Sangeskunst in ihrem Hang zur Selbstdarstellung durchaus ähnlich ist. Trotzdem geht es der Öffentlichkeit regelmäßig über die Hutschnur, wenn sich ein Schauspieler ins Plattenstudio wagt. Auch im Falle von Johansson erlag man vorab diesem Reflex, wohl auch weil sie sich am Gesamtwerk von Underground-Ikone Tom Waits vergriff.

Die Vorstellung ist zunächst auch fast widerlich: Das gerade mal 23 Lenze zählende Akademiker-Töchterchen aus Manhattan, das seit gut zehn Jahren von ihrer Hollywood-Entourage gepampert wird, singt die Songs eines gescheiterten Mannes, der selbst dann noch Hilfsarbeiterjobs annehmen musste, als er sich als singender Beatnik-Poet bereits weltweit etabliert hatte. Entsprechend abgewrackt, perspektivlos und erbärmlich klingen seine Erfahrungsberichte. Und diese in Noten gegossene Tristesse soll das ätherische Püppchen Scarlett Johansson interpretieren?

Wer sonst, wenn nicht sie? Johansson spielt als Typ in einer eigenen Liga, sowohl optisch als auch künstlerisch. Im Jahr 1994, damals war sie neun und frisch graduierte Absolventin der Professional Children’s School in New York, gab sie ihr Hollywood-Debüt. Drei Filme drehte sie fortan pro Jahr, bis Robert Redford sie für seine Adaption des Weltbestsellers "Der Pferdeflüsterer" (1998) engagierte.

Seltsamerweise ist der Edel-Schmachtfetzen bis heute der kommerziell erfolgreichste Film, an dem Johansson jemals mitgewirkt hat. Ihre sonstige Rollenwahl ist zwar exquisit, richtig Geld verdienen lässt sich mit kunstbeflissenem Kino allerdings nicht.

Genau diese Diskrepanz macht ihren Reiz aus. Sie wirbt für L’Oreal und Calvin Klein, wird privat allerdings nur in zerschlissener Alltags-Garderobe gesichtet. Sie lässt auf dem roten Teppich die Boulevard-Presse genauso vor Entzücken kollabieren wie die anspruchsvollen Filmliebhaber im Kinosessel.

Nicht zuletzt gilt sie als eines der bekanntesten Leinwand-Gesichter Hollywoods, spielt aber fast ausschließlich für Autorenfilmer wie Sofia Coppola ("Lost in Translation") oder Woody Allen. Mit der Kollegin Penelope Cruz präsentiert sie gerade in Cannes seinen neuen Film "Vicky Cristina Barcelona".

Nur einmal traute sie sich ins Blockbuster-Kino und drehte mit Krawall-Regisseur Michael Bay den Science-Fiction-Thriller "Die Insel". Auch hier trat der Scarlett-Effekt ein: Der Film floppte, war aber wochenlang Gesprächsthema, weil Bay zum ersten Mal wohlwollende Kritik erhielt.

Johanssons bloße Präsenz scheint alles zu veredeln, an dem sie mitwirkt. Auch auf dem morgen erscheinenden Album "Anywhere I Lay My Hat" geht diese ungewöhnliche Kombination aus Glamour und Intellekt auf. Singen kann sie streng genommen zwar nicht, aber ihr harter, sonorer Sprechgesang steht im perfekten Kontrast zu ihrem elfenhaften Wesen. Diese Aura der Unnahbarkeit wird unterstützt von ihrer konsequenten Weigerung, über Privates zu sprechen.

Deswegen ist über die Liaisons mit Justin Timberlake, Jared Leto, Josh Hartnett und Benicio del Toro auch nichts bekannt, bis auf die Tatsache, dass da mal was war. Ihren aktuellen Freund, den Schauspielerkollegen Ryan Reynolds, will sie immerhin baldmöglichst heiraten. Wie und vor allem wann genau, bleibt natürlich ein Geheimnis.