Birma drohen Hunger und Seuchen

Wirbelsturm: Das größte Problem ist inzwischen das verschmutzte Trinkwasser.

Rangun. Auf den Straßen zwischen dem nahezu vollkommen zerstörten Irawadi-Delta und Rangun herrschen Chaos und Verzweiflung. Tausende Menschen betteln um Essen und Wasser. Körperlich geschwächt drohen ihnen Durchfall und Lungenerkrankungen.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind zwölf Tage nach dem Wirbelsturm "Nargis" im Katastrophengebiet die ersten Ruhr-Fälle aufgetreten. Cholera sei dagegen noch nicht ausgebrochen. "Die Lage in LaButta ist sehr, sehr dramatisch", sagte gestern Birke Herzbruch von Malteser International in Rangun. Die Menschen hätten die ganze Woche nur aus Brunnen trinken können, in denen das Wasser durch die Flutwelle versalzen war.

Die WHO wollte nach eigenen Angaben deshalb Trinkwasseraufbereitungsanlagen, Antibotika und acht Container mit Notfall-Paketen nach Birma senden, mit denen 80 000 Menschen drei Monate lang behandelt werden können. Außerdem sollten Leichensäcke, 30 000 Atemschutzmasken und Handschuhe in die Region gebracht werden, in der Leichen in tropischer Hitze verwesen.

Die Staatspresse als Sprachrohr der Militärjunta machte unterdessen noch einmal deutlich, dass ausländische Helfer im Land nicht erwünscht sind. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen ist deshalb dazu übergegangen, an Ort und Stelle neue Mitarbeiter anzuheuern. Sie sollen helfen, die Hilfsgüter per Lastwagen zu den Bedürftigen zu bringen. Andere Organisationen mit einheimischen Mitarbeitern dringen allmählich in die entlegenen Regionen des Katastrophengebietes vor. Die Verteilung übernimmt zudem das Militär.

Die Vereinten Nationen haben dagegen die Einrichtung einer Luftbrücke gefordert. Um "so schnell wie möglich große Mengen an Hilfen" in das Land leiten zu können, sei ein Korridor auf dem Luft- oder Seeweg erforderlich, sagte eine UN-Sprecherin. Bis jetzt habe das Welternährungsprogramm lediglich 361 Tonnen Lebensmittel nach Birma schicken können, von denen nicht einmal die Hälfte verteilt worden seien.

Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) hofft, dass es dem UN-Sicherheitsrat gelingt, die Militärherrscher zur Öffnung des Landes für internationale Helfer zu bewegen. "Ich hoffe vor allem, dass der UN-Sicherheitsrat auch seine Verantwortung zum Schutz der Menschen wahrnimmt", sagte sie. Deutschland wird zudem die Hilfe für die Opfer der Katas-trophe von zwei auf vier Millionen Euro verdoppeln.

EU-Chefdiplomat Javier Solana forderte, "alle Mittel" zur Hilfe zu nutzen. "Die UN-Charta eröffnet einige Wege, wenn die Probleme nicht gelöst werden können, damit humanitäre Hilfe in ein Katastrophenland kommt, dessen Politiker die Ankunft von schneller und gut organisierter Hilfe nicht zulassen."