Spagat zwischen den Kulturen
In Köln ist der bislang erste überregionale deutsch-türkische Fernsehsender ansässig, der moderne Inhalte bietet.
Köln. Die Backsteingebäude an der Waltherstraße in Köln-Dellbrück zeugen von der typischen Karriere alter Fabrikgebäude: Frisch renoviert werden sie von jungen, aufstrebenden Firmen als Geschäftsräume genutzt. Selbstklebende Schriftzüge auf den Fenstern verraten, dass hier jetzt die Sonfilm GmbH ihren Sitz hat.
Zu ihr gehören Türkshow, der erste bundesweit empfangbare deutsch-türkische Fernsehsender, und Düün tv, ein Sender, der überwegend türkische Familienfeiern ausstrahlt.
Das Konzept klingt exotischer als es ist. Das Programmangebot bei Türkshow bietet ähnliche Sparten wie die öffentlich-rechtlichen Sender. "Die Deutsch-Türken sind weder Deutsche noch Türken", sagt Güler Balaban, Geschäftsführerin von Sonfilm. "Das hiesige Fernsehen spricht die Migranten genauso wenig an, wie das türkische", sagt sie.
Das Programm der klassischen türkischen Sender war es, welches das Fass für sie zum Überlaufen brachte. "Was interessiert es denn die Türken hier, was in Istanbul passiert?", fragt Balaban. Gemeinsam mit ihrer Schwester Hatice Balaban-Çoban und deren Ehemann Mehmet setzte sie ihre Idee in die Tat um: Ein eignener Sender mit Programm in Deutsch und Türkisch und mit Inhalten, die der Lebensweise der Türken in Deutschland gerecht werden.
Am 1. Oktober 2002 ging Türkshow auf Sendung. "Damals noch im Probebetrieb", sagt Hatice Balaban-Çoban, Produktmanagerin der Firma. Heute, nach sechs Jahren, wird rund um die Uhr produziert und gesendet, zehn Stunden davon live.
Noch ist Türkshow den Kinderschuhen nicht ganz entwachsen. "Wir haben viele Ideen und Pläne für die Zukunft, das Programm soll ständig verbessert werden", sagt die Produktmanagerin. "Anders als bei einsprachigen Fernsehsendern sind wir darauf angewiesen, dass unsere Mitarbeiter Deutsch und Türkisch perfekt sprechen." Auch, wenn momentan der deutsche Anteil im Programm noch gering ist. Das soll sich mit der Zeit ändern, bis der Anteil bei etwa 50:50 liegt.
Ziel von Türkshow ist es nicht, Sprachprobleme zu lösen. "Viele junge Türken sprechen gut Deutsch, schauen aber trotzdem kein deutsches Fernsehen", weiß Güler Balaban. "Es trifft ihren Kulturnerv nicht." Diese Defizite will Türkshow auffangen.
Deshalb beherrscht die türkische Tradition aber nicht das Programm. Es gibt volkstümliche Musiksendungen, aber auch viele Frauensendungen. "Gurbet Kahvesi" (Café in der Fremde) gibt Frauen die Möglichkeit, ihre Themen in einer gemütlichen Diskussionsrunde zu erläutern. In "Sultan Sofrasi" (Die Tafel des Sultans) werden orientalische Leckereien gekocht und "Oryantal Caz Dans" ist ein zweisprachiger TV-Bauchtanzkurs.
Die beliebte Sängerin Canan Baskaya singt und moderiert "Türküshow". 20 Jahre lang war sie im türkischen Fernsehen erfolgreich, bevor sie im April letzten Jahres nach Köln kam und bei Türkshow anfing. Sie moderiert auf türkisch, lernt aber nebenbei an der Volkshochschule fleißig Deutsch. "Es ist einfach die wichtigste Grundlage, wenn man hier richtig leben möchte." Spricht’s, zupft kurz ihr Oberteil zurecht und tritt lächelnd ins Scheinwerferlicht auf die Bühne.
Wer türkische Kultur pur sehen will, schaltet eher Düün-tv ein. Ein Sender, den laut Umfragen europaweit 90 Prozent aller Türken kennen. Hier dreht sich alles um die türkische Hochzeit. "Das ist ein einmaliges Konzept, wir senden europaweit, haben in vielen Ländern Vertreter." Mit einem Übertragungswagen fahren die Mitarbeiter von Düün tv zu privaten Hochzeiten, die live übertragen werden: "So können auch Familienmitglieder die Hochzeit sehen, die nicht extra anreisen konnten."