EU-Abgeordneter Willem Schuth: Ein Leben aus dem Koffer

Der Abgeordnete Willem Schuth ist ständig auf Achse. Er ist Niederländer, sitzt aber für Deutschland im EU-Parlament.

Brüssel. Das orangefarbene Trikot hat Willem Schuth immer im Schrank hängen. "Fit für Europa", steht unter seinem Namen und auf der Rückseite die Nummer 1. Es ist ein Überbleibsel von der Europa-Meisterschaft, als der 54-Jährige regelmäßig zeigte, für wen sein Herz auch noch schlägt: Seine Wahlheimat ist zwar seit vielen Jahren Deutschland, für die niedersächsische FDP sitzt er seit 2004 im Europa-Parlament - doch wenn es um Fußball geht, jubelt er für die niederländische Nationalmannschaft. "Seine Wurzeln kann man eben nicht verleugnen."

Willem Schuth sitzt in seinem Büro im 10. Stock des Parlaments-Gebäudes. Wenn er aus dem Fenster schaut, kann er über die Dächer von Brüssel blicken. In seinem Regal stehen zwei Plastik-Kühe - Landwirtschaft ist ein Schwerpunkt seiner Arbeit.

Daneben liegt eine orangefarbene Mütze, Orange für die Farben der Oranje-Elf. Schuth hat den niederländischen Pass, er würde ihn auch nie eintauschen, obwohl er sich auch als Deutscher fühlt. "Ich bin stolz, Niederländer zu sein, und stolz, für Deutschland im Parlament zu sitzen", erklärt er.

Schuth ist außerdem der Volksvertreter mit dem größten Wahlkreis in Deutschland: Gleich fünf Bundesländer muss er vertreten - Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Bremen.

"EU-Abgeordnete haben es schwerer als Bundestagsabgeordnete", sagt er - nicht nur, weil sie in der Öffentlichkeit weniger wahrgenommen würden. Auch die Pendelei mache vielen zu schaffen.

Alle paar Tage packt Schuth die Koffer. Wenn er nicht zu den Parlaments- oder Ausschuss-Sitzungen nach Brüssel oder Straßburg reist, klappert er Veranstaltungen in seinem Wahlkreis ab. Er fährt von Zeven nach Hannover, von Lübeck nach Neubrandenburg.

Privat reist er gerne auch mal nach Amsterdam oder Bremen - wenn dort seine Lieblings-Fußballmannschaften Ajax und Werder zum Spiel auflaufen. Am Wochenende wiederum besucht er seine Familie in Assen, in den Niederlanden. Wie viele Kilometer er Monat für Monat zurücklegt? Er hat längst aufgehört zu zählen.

Bereits mit 25 Jahren zog Schuth ins niedersächsische Zeven, weil er im Ausland leben wollte. Lange arbeitete er als Beamter in der deutsch-niederländischen Kaserne Seedorf.

Da er auch schon in den Niederlanden Mitglied der liberalen Partei VVD war, trat er in Deutschland in die FDP ein - erst engagierte er sich im Ortsverband, dann wurde er stellvertretender Bezirksvorsitzender. Schließlich bat ihn der Landesverband, Spitzenkandidat für die Europawahl zu werden.

Vier Jahre nach seinem Einzug ins EU-Parlament ist seine Begeisterung für Europa ungebrochen. Gerne würde er noch einmal zur Wahl antreten. Aber seine Mutter ist pflegebedürftig, er möchte für sie da sein. Also wird er Brüssel im nächsten Jahr den Rücken kehren. Die Pendelei aber, die wird er beibehalten. "Ich bin in zwei Ländern zu Hause - das wird so bleiben."