Fahndung: Die Jagd nach den Ausbrechern
Die Polizei sucht mit einem hochgerüsteten Großaufgebot nach den Verbrechern.
Mülheim/Ruhr. Polizisten mit angespannten Gesichtern tragen schusssichere Westen und Maschinenpistolen. Ein Einkaufszentrum in der Mülheimer Innenstadt wird abgeriegelt. Die Beamten kontrollieren Ausfallstraßen, Spezialkräfte liegen in Lauerstellung.
Sämtliche Fahrzeuge werden genau in Augenschein genommen. In Düsseldorf werden Züge in Richtung Flughafen durchkämmt, die Kontrollen an den Grenzen zu Belgien und Holland werden verschärft.
Die Jagd nach dem Geiselgangster und dem Mörder, die am Donnerstag aus dem Aachener Gefängnis ausgebrochen waren, ging am Wochenende weiter - mit immerhin einem großen Erfolg für die Fahnder: Der 50 Jahre alte Michael Heckhoff, der als einer der gefährlichsten Geiselgangster in Deutschland eingestuft wird, wurde am Sonntag Vormittag in Mülheim an der Ruhr festgenommen.
Nach dem 46-jährigen Peter Paul Michalski fahndet die Polizei noch. Er ist möglicherweise mit Bus und Bahn unterwegs.
Protokoll einer Flucht: Aus der als ausbruchsicher geltenden Justizvollzugsanstalt Aachen konnten die beiden am Donnerstagabend fliehen. Ein 40-jähriger Justizbediensteter soll ihnen dabei geholfen haben.
Mit zwei Pistolen und einigen Schuss Munition aus einem JVA-Tresor machten sich die beiden auf den Weg. Mit Taxen ging es nach Kerpen und weiter nach Köln. Dort zwangen sie am Freitagnachmittag eine 19-jährige Schülerin aus dem Raum Köln, sie mit ihrem Wagen nach Essen zu fahren. Dort ging ihnen der Sprit aus. Auf der Ruhrbrücke in Essen-Kettwig blieb der Wagen liegen. Die beiden flüchteten zu Fuß weiter - und ließen ihr Opfer im Wagen sitzen - unverletzt.
Die Schülerin informierte die Polizei. Sofort wurde die Großfahndung auf den Essener Süden konzentriert. In der Gegend gibt es viele Versteckmöglichkeiten: Wälder, Gartenhäuser, Bootshäuser. Spürhunde kamen zum Einsatz. Ein Hubschrauber mit Wärmebildkamera kreiste über dem malerischen Stadtteil. SEK-Beamte standen an wichtigen Straßen und beobachteten den Verkehr. Trotz vieler Hinweise aus der Bevölkerung und Durchsuchungen von Lauben oder Waldstücken blieben die beiden verschwunden.
Bis Samstagabend - da meldete sich ein Mann aus Essen. Er sei gerade von den beiden Ausbrechern in einem Waldgebiet in der Nähe der Ruhrtal-Autobahnbrücke ausgesetzt worden. Sie seien mit seinem Wagen auf der Flucht.
Später kam heraus, dass die beiden Gangster auch seine Frau als Geisel genommen hatten und mit den beiden längere Zeit durch die Gegend fuhren. Das Ehepaar aus Essen-Werden blieb unverletzt. Über ihre Ängste und Nöte in den Stunden der Geiselnahme mag man kaum nachdenken.
Der Fluchtwagen war nun bekannt: Ein schwarzer 5er-BMW mit dem Kennzeichen E-PS 1010. Großalarm wurde ausgelöst. An den Grenzen zu Belgien und den Niederlanden wurden Autos kontrolliert. Überall im Land war die Polizei in höchster Alarmbereitschaft. Um Mitternacht wurde der Alarm zurückgenommen und "normal" weitergefahndet.
Am Sonntagvormittag dann der Treffer: Passanten entdeckten den Fluchtwagen um 10.15 Uhr in der Mülheimer Innenstadt. Schon wieder Mülheim - bevor Heckhoff ins Gefängnis kam, hatte er dort einige Jahre gelebt. Auch eine Geiselnahme hatte er im Raum Essen/Mülheim bereits verübt. Der 50-Jährige hielt sich in der Nähe auf und wurde um 11.03 Uhr von einem Spezialeinsatzkommando überwältigt.
Michalski war weiter auf der Flucht. Beobachter hielten am Sonntag Nachmittag kurz den Atem an, als Spezialkräfte einen Verdächtigen überwältigten. Er hatte große Ähnlichkeit mit dem Gesuchten, ist es aber nicht.
Die Polizei veröffentlichte eine neue Personenbeschreibung und wies darauf hin, dass man ihm jederzeit begegnen könne - auch in Bus oder Bahn. Und immer wieder die Warnung: "Michalski ist vermutlich bewaffnet und gilt als äußerst gefährlich. Die Polizei rät zur besonderen Vorsicht."