Friedensnobelpreis: Helmut Kohls Traum vom Nobelpreis
Barroso und Gorbatschow haben den Kanzler nominiert – doch er ist nur einer unter 181. Die Bekanntgabe ist Freitag.
Düsseldorf. Immer im Oktober fallen die Nobelpreisträger aus dem Olymp der Wissenschaft wie das Herbstlaub von den Bäumen. Zuerst Medizin, am Dienstag Physik, gestern Chemie, heute Literatur. Und am Freitag steht der prestigeträchtigste Titel auf dem Programm - der Friedensnobelpreisträger. Und dabei ganz groß im Rennen: Altkanzler Helmut Kohl. Aber hat der "Kanzler der Einheit" tatsächlich eine reale Chance, der fünfte deutsche Friedensnobelpreisträger zu werden?
In Deutschland war die Resonanz nicht unbedingt überwältigend. Die Junge Union NRW richtete eigens im Internet eine Seite für Kohl ein, und innerhalb kurzer Zeit hatten schon 900 unterschrieben. Ein schöner Erfolg, aber Neider verglichen das Ergebnis mit einer Aktion für Mehmet Scholl im Vorjahr: Der Aufruf, den Münchner für die Fußball-WM zu aktivieren, fand in einem wesentlich kürzeren Zeitraum 175 000 Unterstützer.
Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel, eigentlich von Amts und Partei wegen zur Unterstützung ihres Vorgängers verpflichtet, äußerte sich nicht gerade begeistert, sondern eher schmallippig: Der Vorschlag werde "sicherlich entsprechend gewürdigt", so Merkel. Und eine Spiegel-Umfrage im Sommer ergab, dass nur 38 Prozent der Deutschen den Nobelpreis als angemessen für Kohl hielten, aber 57 Prozent sich dagegen aussprachen - wohl eine Spätfolge der Kohlschen Schwarzgeldaffären.
Der Grund: das Vorschlagsrecht. Denn das haben neben den Juroren alle Mitglieder nationaler Parlamente, von Regierungen und internationalen Gerichtshöfen, alle Uni-Präsidenten und Professoren der Geschichte, der Theologie, der Rechte und der Philosophie sowie Institute, die sich mit Außen- und Friedenspolitik beschäftigen. Und natürlich auch alle Träger des Nobelpreises.
So konnte es kommen, dass 2005 neben George W. Bush auch Gerhard Schröder auf die Nominierungsliste kam. Schröder deshalb, weil er gegen Bushs Kriegskurs opponiert habe. Es soll übrigens Günter Grass gewesen sein, der damals die Signale nach Oslo getrommelt hatte. Geholfen hat die Nominierung keinem von beiden.
Für 2007 sind offiziell 181 Nominierungen eingegangen, darunter 26 Organisationen. Als Favoriten gelten diesmal Boliviens Präsident Evo Morales, die singenden Weltverbesserer Bono und Bob Geldof sowie der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore. Kohl ist nicht darunter. Aber die sogenannten Favoriten setzten sich nur selten durch. Was immer das für die Chancen von Helmut Kohl bedeuten mag.
Im Jahr 2006 erhielt den Preis übrigens einer, den niemand auf der Rechnung hatte: Mohammed Yunus, der "Banker der Armen" aus Bangladesch.
Kriterien Der von Alfred Nobel, dem 1896 gestorbenen schwedischen Chemiker und Dynamit-Erfinder, gestiftete und seit 1901 vergebene Friedensnobelpreis soll nach dem Testament seines Stifters an Personen vergeben werden, die "am meisten oder besten für die Verbrüderung der Völker gewirkt haben und für die Abschaffung oder Verminderung der stehenden Heere sowie die Bildung oder Ausrichtung von Friedenskongressen".
Deutsche Vier Deutsche erhielten bislang diese Auszeichnung. Der deutsche Außenminister Gustav Stresemann erhielt den Preis 1926 zusammen mit seinem französischen Amtskollegen Briand für die gemeinsame Aussöhnungspolitik, Ludwig Quidde als Gründer der deutschen Friedensgesellschaft 1927, der von den Nazis ins KZ geworfene Publizist Carl von Ossietzky 1935 und Willy Brandt 1971 für seine Entspannungspolitik.