Trude Unruh: Razzia bei den Grauen Panthern
Parteichefin Trude Unruh (82) soll sich Gelder vom Bundestag erschlichen haben.
Wuppertal. Die Wuppertalerin Trude Unruh (82), streitbare Chefin der Seniorenpartei "Die Grauen - Graue Panther", ist in eine Parteispendenaffäre verwickelt. Gegen die Gründungsvorsitzende der Partei und vier weitere Beschuldigte wird wegen Betrugs ermittelt. 60 Beamte rückten gestern zu Razzien in Nordrhein-Westfalen, Berlin und Bayern aus. 22 Objekte wurden durchsucht. Der Wuppertaler Oberstaatsanwalt Alfons Grevener: "Dabei hat es sich um Geschäftsräume der Partei und ihr nahe stehender Stiftungen und Vereine sowie um Privatwohnungen der Beschuldigten unter anderem in Wuppertal und Remscheid gehandelt." An den Razzien seien auch Steuerfahnder beteiligt gewesen.
Unruh soll gegen das Parteiengesetz verstoßen und Gelder vom Bundestag erschlichen haben. So sollen gefälschte Spendenquittungen eingereicht und Parteisitzungen zu Weiterbildungsveranstaltungen umdeklariert worden sein, um Subventionen zu ergattern. In Einzelfällen seien auch Gelder für erfundene Veranstaltungen beantragt worden. Dafür gab es Zuschüsse von 30 Euro pro Teilnehmer.
Die Ermittlungen seien durch eine Strafanzeige der stellvertretenden Landesvorsitzenden der Partei in NRW ausgelöst worden, so Grevener. Gegen die Gelsenkirchenerin Silvia Rose läuft derzeit ein Schiedsgerichtsverfahren der Partei, wegen der "Verbreitung von Lügen", sagte Landesvorsitzender Manfred Albrecht. Sie soll ausgeschlossen werden. Zeugen hätten allerdings die Aussagen der Politikerin bestätigt, erklärte Grevener. Unter den Beschuldigten soll auch ein der Partei nahe stehender Professor aus Wuppertal sein. Zur Schadenshöhe wollten die Ermittler keine Angaben machen. Die Partei hatte im vergangenen Jahr Bundeszuschüsse in Höhe von 1,3 Millionen Euro erhalten - für jeden gespendeten Euro gibt es zusätzlich 38 Cent vom Steuerzahler.
Diesen Umstand hatte sich Trude Unruh bereits in der Vergangenheit zu Nutze gemacht. 360 000 Mark hatte die Vorsitzende 1992 ihrer Partei gespendet - nicht in bar, sondern als geldwerte Leistung für ihre Arbeit. Dafür gab es dann den Staats-Bonus. Unruh erklärte damals, dass sie und ihr Mann nach der Grauen-Gründung drei Jahre lang jeweils 120 000 Mark in bar gespendet hätten. 1992 und 1993 gab es kein Bargeld mehr, "gespendet" wurde die Arbeit der Vorsitzenden, im Wert veranschlagt von jeweils 360 000 Mark pro Jahr. "Ich bin Top-Managerin der Partei", begründete Unruh damals die Rechnung, da seien 100 Mark Stundenlohn nicht zuviel. Sie selbst habe "keinen Pfennig" kassiert, die Familie lebe von den Einnahmen des eigenen Autohauses.
Herkunft Trude Unruh wurde 1925 als uneheliche Tochter einer Hausdame in Essen geboren und wuchs bei den Großeltern im Stahlarbeiter-Milieu auf. Nach der Mittleren Reife arbeitete sie sich bei Krupp von einer einfachen Bürokraft zur Chefsekretärin hoch. 1968 zog sie mit ihrem Mann Helmut, der 1993 starb, und ihren beiden Söhnen nach Wuppertal. "Da hab ich mir meinen Traum erfüllt, Politikerin zu werden - eine unbestechliche".
Politik Unruh war zunächst Mitglied in der SPD (1968-1973), wechselte dann zur FDP (1973-1978), später zur Grünen Aktion Zukunft, zur Grün Alternativen Liste, zur Rentnerpartei und schließlich zur Bürgerpartei. 1987 zog sie als Parteilose für die Grünen in den Bundestag ein, wo sie mit kämpferischen Reden auf sich aufmerksam machte. Zwei Jahre später wurde sie von der Fraktion ausgeschlossen, behielt ihr Mandat aber bis zu den Wahlen 1990.