„Derrick“ war gestern - „Die letzte Spur“ ist heute
Berlin (dpa) - Das ZDF bastelt weiter an einer neuen Generation von Krimiserien. Denn die Klassiker kommen langsam abhanden, bald wohl auch „Ein Fall für zwei“. Der neue Versuchsballon heißt „Die letzte Spur“.
Früher, da schickte ein Stefan Derrick (Horst Tappert) seinen Kollegen Harry los, um schon mal den Wagen zu holen. Früher, da spornte der Kette rauchende Herbert Keller (Erik Ode) als der legendäre „Kommissar“ sein Team an, um die perfidesten Verbrechen aufzuklären. Doch diese Generation hat längst abgedankt. Die Zeiten sind gerade auch für den ausstrahlenden Sender, das ZDF, rauer geworden, denn das Interesse an Krimiserien am Freitagabend hat deutlich nachgelassen.
Spätestens seitdem Günther Jauch mit seinem RTL-Quiz „Wer wird Millionär?“ den Freitagabend um 20.15 Uhr beherrscht und die ARD konsequent auf leichte Filmstoffe setzt, muss das ZDF mit allen Mitteln den Krimi am Freitagabend verteidigen, denn selten schalten noch mehr als fünf Millionen Zuschauer ein. Aber trotzdem sind zwei Krimiserien freitags Standard und in vielen deutschen Haushalten eine feste Gewohnheit.
Jetzt lässt das ZDF einen neuen Versuchsballon an den Start. „Die letzte Spur“ heißt der Arbeitstitel der frisch entstehenden Serie über vermisste Menschen, in der Schauspieler Hans-Werner Meyer als Kriminalhauptkommissar Oliver Radek eine Einheit des Berliner Landeskriminalamts leitet, die sich um das Aufspüren der Vermissten kümmert. Schafft es Meyer, einmal mit dieser Serie so berühmt zu werden wie einst ein Erik Ode oder ein Horst Tappert?
Die Chancen sind nicht besonders groß, denn auch die zuletzt eingeführten Serien reichen bei weitem nicht an die Klassiker heran. Das gilt ebenso für die „Soko Leipzig“ wie auch für den von Rudolf Kowalski gespielten „Stolberg“ oder die Serie „Der Kriminalist“ mit Christian Berkel. Auch die lange schon etablierten Serien wie „Der Alte“ und „Ein Fall für zwei“ haben den heftigen Gegenwind zu spüren bekommen.
Doch das ZDF geht unbeirrt den Krimi-Weg am Freitag. Bis zum 23. Februar dreht die Produktionsfirma Novafilm um Geschäftsführer Ronald Gräbe und unter der Regie von Judith Kennel zunächst sechs Folgen. Die Reihe, die voraussichtlich im Frühjahr ausgestrahlt wird, passt zur Hauptstadt, denn allein hier werden jährlich 3000 Erwachsene als vermisst gemeldet, auch wenn sie sich recht schnell wieder anfinden. Die Aufklärungsquote liegt bei mehr als 99 Prozent.
Fünf Möglichkeiten führt Novafilm-Produzent Gräbe als Grund für das Verschwinden einer Person an: Mord, Selbstmord, Unfall, Kidnapping oder einfach die freiwillige Flucht - alle Möglichkeiten kommen in der Serie vor. Und es geht auch meist nicht um Mord. Somit ist „Die letzte Spur“ eine der ganz wenigen Krimiserien, die zumindest in einigen Folgen ohne Blutvergießen auskommt.
Chef Radek und seine Kollegen Mina Amiri (Jasmin Tabatabai), Sandra Reiß (Susanne Bormann) und Daniel Prinz (Florian Panzner) bekommen pro Folge in „Die letzte Spur“ einen Fall serviert. Es wird nüchtern gearbeitet. Private Geschichten der Ermittler werden weitgehend ausgeklammert. Der Zuschauer erfährt aber immerhin, dass Prinz und Reiß einmal ein Paar waren.
Aber spärliche Informationen übers Privatleben der vielbeschäftigten Polizisten gehören auch zur Tradition. Wer erinnert sich denn heute noch, dass Rosemarie Fendel in den frühen Folgen des „Kommissars“ Herbert Kellers Ehefrau mimte?